Warstein. . Die Beratungsstelle möchte Migranten in Warstein den Einstieg ins Berufsleben leichter machen. Inzwischen hat die Diakonie über 200 Klienten.
- Zwei Fachkräfte beraten Flüchtlinge aus Warstein, Rüthen, Geseke, Erwitte und Anröchte
- Ziel ist es vor allem, Ausbildungsplätze zu vermitteln
- Unterstützt wird die Beratung von Warsteins Bürgermeister Thomas Schöne
Ahmad, 24 Jahre, kommt aus Afghanistan. Er war einer der ersten von inzwischen etwa 200 Klienten, die Unterstützung in der Flüchtlingsberatung der Diakonie Ruhr-Hellweg in Warstein suchen. Seit November 2016 beraten dort zwei Fachkräfte Flüchtlinge aus den Gemeinden Warstein, Rüthen, Geseke, Erwitte und Anröchte.
Ein Großteil der Flüchtlinge kommt aus dem Nahen und Mittleren Osten. Mit Ahmad warten derzeit noch 30 andere afghanische Klienten auf die Anerkennung ihres Asylantrages. Sie hoffen auf ein Leben ohne Angst vor Verfolgung und suchen in Deutschland eine neue Zukunft – auch beruflich.
Bausteine zur Integration
Dabei erhalten sie Unterstützung von der Flüchtlingsberatung, die nun kleine und große Unternehmen aus der Region aufruft, Flüchtlingen eine Ausbildungschance zu geben.
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Unterstützt wird die Beratungsstelle von Warsteins Bürgermeister Thomas Schöne: „Flüchtlingen über Ausbildung eine Zukunftsperspektive in Deutschland zu geben, ist ein wichtiger Baustein zur Integration. Perspektivisch tragen Betriebe aus der Region damit auch zur Fachkräftesicherung bei.“
Für eine Ausbildung bringt Ahmad beste Voraussetzungen mit. Er spricht sieben Sprachen: Neben Englisch und Deutsch beherrscht er Sprachen, die im Iran, in Afghanistan, Pakistan und in Indien verbreitet sind (Dari, Farsi, Paschto, Urdu, Hindi). Nach dem Abitur studierte er Betriebswirtschaftslehre und arbeitete parallel als Koordinator in einem englischen Telekommunikationsunternehmen.
Das ließ ihn ins Visier der Taliban geraten. „Wer sich ihrem Kampf nicht anschließen will und mit westlichen Konzernen oder staatlichen Institutionen kooperiert, gilt als Feind“, weiß Flüchtlingsberater Martin Rutkowski. „Die Taliban sind in Afghanistan extrem gut organisiert – haben ein Parallelsystem aufgebaut, in dem der Staat oder die Polizei in vielen Bereichen kaum noch Einfluss hat.“
Eingeschränkter Zugang zu Integrationsangeboten
Das bekam auch Ahmad zu spüren. Im Sommer 2015 erfuhren die Taliban von seinem Job. Besonders brisant: Das Unternehmen arbeitet mit dem afghanischen Geheimdienst zusammen, gibt Informationen über Anhänger der Taliban weiter. Für Ahmad kam die Entdeckung einem Todesurteil gleich.
Im Oktober 2015 floh er über Dubai und die Balkanroute nach Deutschland. Hier angekommen, begann der lernbegierige Afghane, sich über Youtube und andere Internetangebote Deutsch beizubringen, bezahlte einen Sprachkurs aus eigener Tasche, denn Asylbewerber aus Afghanistan erhalten nur einen eingeschränkten Zugang zu staatlichen Sprach- und Integrationsangeboten.
Ausbildungsplatz als größte Hoffnung
Seine umfangreichen Sprachkenntnisse setzt er nun für andere Flüchtlinge ein. „Er ist ein wichtiger ehrenamtlicher Mitarbeiter“, erläutert Flüchtlingsberater Alexander Ebel. Als Dolmetscher begleitet Ahmad Landsleute, aber auch Iraner oder Pakistani bei Behördengängen.
Einer von ihnen ist der 25-jährige Mohamed. Er stammt aus Masar-e Scharif. Die afghanische Stadt erlangte durch die Detonation einer Autobombe vor dem deutschen Generalkonsulat traurige Berühmtheit.
Auch für Mohamed bieten sich in seinem Heimatland keine sicheren Perspektiven. „Die Bundesregierung hat seit geraumer Zeit eine Reisewarnung für Afghanistan ausgegeben. Dieses Land als sicheres Herkunftsland einzustufen, scheint nicht erst seit dem furchtbaren Angriff auf ein Krankenhaus in Kabul mit 49 Toten mehr als fragwürdig“, erläutert Diakonie-Mitarbeiter Rutkowski. http://www.wp.de/politik/jagd-auf-guelen-und-kurden-wie-viele-fluechten-vor-erdogan-id12073135.html
Mohameds Asylantrag ist bereits abgelehnt. Derzeit wird seine Klage vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg geprüft. Falls die Klage keinen Erfolg hat, droht ihm unmittelbar die Abschiebung. Seine große Hoffnung ist ein Ausbildungsplatz. Damit wäre sein Aufenthalt für die Zeit der gesamten Ausbildung gesichert – wenn er im Anschluss einen Arbeitsplatz findet, auch darüber hinaus. Neben Ahmad und Mohamed suchen noch weitere Flüchtlinge eine berufliche Perspektive.
Erstes Gespräch mit Dolmetscher möglich
Die Fachkräfte der Flüchtlingsberatung bieten Unternehmen bei der Vermittlung der Auszubildenden umfangreiche Unterstützung an. „Wir beraten interessierte Unternehmen und können ihnen geeignete Kandidaten vorschlagen. Gern organisieren wir in der Beratungsstelle das erste Gespräch zum gegenseitigen Kennenlernen inklusive Dolmetscher, wenn die Sprachkenntnisse das erfordern“, erklärt Alexander Ebel.
„Auch ein Probearbeiten ist immer möglich, wenn die Ausländerbehörde zustimmt“, ergänzt sein Kollege Martin Rutkowski. „Es geht allerdings nicht darum, durch einen Praktikumsplatz über Monate eine günstige Arbeitskraft für das Unternehmen zu bekommen“, grenzt er deutlich ein. „Es muss eine realistische Chance für einen Ausbildungsplatz bestehen.“