Warstein/Möhnetal. . Größenwahn, edle Ritter, ungewollte Kinderlosigkeit und ein privater Investor – all das hat unmittelbar mit dem Kloster Mülheim zu tun.

  • Willi Hecker präsentiert kurzweiligen Vortrag zum Kloster
  • Kinderlosigkeit, Größenwahn und Ritter spielen eine Rolle beim Bau des Gebäudes
  • Der Name „Kloster“ führt in die Irre

Da kamen aus dem Möhnetal zwei, die von den Ordensrittern im Möhnetal erzählten. Ihnen folgten zahlreiche Möhnetaler, schließlich ging es um „ihr“ Schloss. Und sie stießen auf ungefähr die gleiche Zahl „Kernstädter“, schließlich traf man sich in der guten Stube der (Kern-)Stadt. Der Vortrag Willi Heckers und Ludwig Marx’ über „Das Ordensschloss in Mülheim/Möhne“ im Haus Kupferhammer war ein gelebtes Zeichen ortsübergreifender Interessen. Zu lernen gab es Einiges über das Kloster.

Fakt 1: Es handelt sich bei dem Gebäude um ein Schloss

Das fängt beim Namen an. „Alle sprechen immer vom Kloster, aber tatsächlich ist es ein Schloss“, erklärte Willi Hecker. Den Namen „Kloster“ habe vor allem Joachim Ney als Eigentümer des Gebäudes geprägt. „Und das, obwohl von einem klösterlichen Leben wenig zu spüren ist, seit Ney das Kloster hat.“ Tatsächlich wurde das Gebäude als Schloss erbaut – und bis in das 19. Jahrhundert hinein sprachen auch die Mülheimer selbst noch von „ihrem Schloss“. Erst 1860 wurde es zu einem Kloster, als erst die Salesianerinnen und dann die Franziskanerinnen dort einzogen. Doch in seiner gesamten Anlage ist das Gebäude wie ein barockes Schloss aufgebaut. Und diejenigen, die als Erste dort wohnten, waren keinesfalls nur Mönche: Sie waren Ritter und Glaubensbrüder in Personalunion.

Fakt 2: Ein unerfüllter Kinderwunsch bringt die Ritter ins Möhnetal

Dass das Ordensschloss überhaupt in Mülheim entstand, liegt in der Kinderlosigkeit Hermanns von Mülheim und seiner Frau begründet. Das Ehepaar, das auf der Haar residierte, schenkte mangels Erben 1266 seinen ganzen Besitz dem Deutschen Orden. Dieser war zu der Zeit sehr populär; waren die Menschen doch begeistert davon, dass die Deutschordensritter die Heiligen Stätten in Palästina für die Christen zurück erobert hatten. Mit der Schenkung ihres Landbesitzes an den Orden wollte das Ehepaar aus Mülheim eine Kommende stiften. Diese Kommenden waren für den Deutschen Orden extrem wichtig, brachten sie doch Nachwuchskräfte für die Mission im Heiligen Land hervor. In Mülheim lebten schon bald zwölf Ordensbrüder. Ob sie tatsächlich noch ins Heilige Land geschickt wurden, ist fraglich: „1291 ist die letzte Bastion der Christen im Heiligen Land gefallen“, erklärte Willi Hecker, „viel Zeit, Nachwuchs dorthin zu schicken, blieb den Mülheimern nicht.“ Also doch keine spannenden Rittergeschichten im Möhnetal?

Fakt 3: Beim Bau des Schlosses war ein bisschen Größenwahn im Spiel

Doch. Denn zum Glück gab es ja noch ein paar „Heiden“ im Osten Europas, die christianisiert werden sollten. Also blieben die Ordensritter in Mülheim; ihre Kommende war mittlerweile zum Hauptsitz des Ordens in Westfalen geworden. Doch die Gebäude, in denen sie lebten, verfielen zunehmend.

Da tritt er auf, der Ritter in schimmernder Rüstung: 1670 wird Franz Wilhelm von Fürstenberg Landkomtur in Mülheim und stellt als Erstes klar: Hier wird etwas Neues gebaut. Gemeinsam mit Ambrosius von Oelde entwickelt er eine barocke Anlage, geprägt von Symmetrie und gekrönt durch einen Schlossgarten mit französischer Linienführung. Allein drei Jahre lang wird das Material für diesen Bau herangefahren, denn Fürstenberg möchte unbedingt Baumberger Sandstein aus dem entfernten Münsterland für das Gebäude verwenden.

Überhaupt ist das Projekt von Größenwahn gekennzeichnet: Bereits während der zehn Jahre andauernden Bauzeit leben nur noch drei Ritter des Ordens in Mülheim – das Schloss ist völlig überdimensioniert. Und dann wäre da ja noch die Frage nach dem Geld. Wer zahlt für so etwas, was letztlich nur aus Repräsentationssucht gebaut wird? Es ist Franz Wilhelm von Fürstenbergs Privatschatulle, aus der das Geld fließt. Als er 1688 stirbt, zahlt sein Nachfolger Wilhelm von Plettenberg weiter und vollendet so den Bau des Schlosses.

Fakt 4: Der Rittergeschichte fehlt noch ein gutes Ende

„Schade, dass diese schöne Geschichte vorerst so endet“, bringt es Bernhard Enste nach anderthalb Stunden auf den Punkt. Der edle Ritter auf dem hohen Ross, der das Kloster aus seinem aktuellen Dornröschenschlaf rettet – er fehlt.