Dortmund/Belecke. .

  • Mordprozess gegen 71-Jährigen aus Belecke geht weiter
  • Sachverständiger: Brandgeschehen ungewöhnlich
  • Rechtsmediziner offenbart grausige Details

Es wird immer mysteriöser. Mit jedem Tag der Beweisaufnahme im Prozess gegen den 71-jährigen Mann aus Belecke, der eine 89-jährige Frau in ihrem Haus in Dortmund-Sölde mit Messerstichen getötet und danach die Wohnung in Brand gesteckt haben soll, um seine Spuren zu verwischen, kommen Dinge ans Licht, die die den Fall in neuem, schillernden Licht erscheinen lassen.

Dubioses Umfeld von Helfern

War es am zweiten Prozesstag die Tatsache, dass sich das allein lebende, immerhin 89-jährige Mordopfer mit einem dubiosen Umfeld vermeintlicher Helfer bei Hausreparaturen und Gartenarbeit umgab, von denen einige bereits ein oder mehrere Male im Gefängnis gesessen hatten, so sprach ein Sachverständiger gestern von einem „ungewöhnlichen Brand“, den der Täter offenbar nach der Tat in der Wohnung gelegt habe. So ungewöhnlich, wie er ihn in seiner Tätigkeit als Brandsachverständiger kaum einmal erlebt habe.

Da war zum einen die Tatsache, dass der Täter das Opfer mit einem Bettvorleger zugedeckt hatte, was dazu führte, dass es nach Aussage des als Zeugen befragten zuständigen Rechtsmediziners trotz des eingesetzten Brandbeschleunigers „keine Hitzeeinwirkungen außer einer Stelle am Ohr“ aufwies. Man könne nur spekulieren, so der Brandsachverständige, ob der Täter den Anblick der toten Frau nicht ertragen konnte oder sie vor dem Verbrennen bis zur Unkenntlichkeit in ihrer Wohnung bewahren wollte, weil er ihr womöglich als Bekannter oder Verwandter nahe stand.

Zuvor hatten zwei Rettungssanitäter der Feuerwehr berichtet, wie sie nach Feueralarm und Vermisstenmeldung mit schwerem Atemschutzgerät in das brennende Haus eingedrungen waren – die Haustür stand einen Spalt offen, die Wohnungstür im Hochparterre nicht, ließ sich aber beiseite drücken, sagte ein 22-jähriger Feuerwehrmann mit präziser Erinnerung als Zeuge aus. Alles sei voller Qualm gewesen, Fenster und Rollos geschlossen. Vermutlich noch ein Mensch im Haus – in welcher Verfassung auch immer. Ein seelisch wie körperlich äußerst belastender Auftrag.

„Hinter der Wohnungstür war null Sicht. Wir haben uns langsam vorangetastet.“ Erst in die falsche Richtung, dann aber, „mit dem Bauchgefühl, etwas übersehen zu haben“, hätten die Rettungssanitäter das Schlafzimmer gefunden, wo es nicht brannte, und ein Bett, auf dem offenbar jemand lag.

Blut aus dem Mund

„Unter einem Teppich und Decken ragte der linke Arm einer Person hervor“, erinnert sich der 22-Jährige. Man habe alles entfernt und schließlich eine leblose alte Frau mit weit aufgerissenen Augen gefunden. Er habe gesehen, dass sie aus dem Mund und im Bauchbereich blutete, ergänzte der andere Rettungssanitäter. Dann habe man die Frau aus dem Haus getragen und mit blutbeschmierter Kleidung den Kollegen übergeben. Aber da war sie offenbar schon tot.

Kein Benzin gerochen

Gestorben an den Folgen von 16 Messerstichen, sagte der Rechtsmediziner aus. Unter anderem in Lunge, Bauchhöhle und Herz. Die Atemwege seien mit Blut gefüllt gewesen. Er habe weder passive noch aktive Abwehrverletzungen beim Opfer gefunden. Und, noch ein Rätsel: Der Kohlenmonoxid-Anteil im Blut der Frau betrug acht Prozent – mehr als normal. Entweder war sie Raucherin oder sie habe bei Brandausbruch noch gelebt, mutmaßte der Richter.

„Wir haben kein Benzin gerochen“, versicherte der zweite Sanitäter. Und sie waren wohl nicht die ersten am Tatort: Es gab weitere Zeugen, aber die haben sich nicht ins Haus getraut, merkte der Richter an. Bekannt ist, dass sich im Umfeld des Hauses ein Treffpunkt nicht vertrauenswürdiger Personen befindet.

Der Brandsachverständige sprach von kleinen lokalen Brandnestern in den Räumen ohne Verbindung untereinander. Lediglich eine kleine Menge Brandbeschleuniger sei eingesetzt worden. Auch dies passe zum Bild des ungewöhnlichen Brandgeschehens. Beim Angeklagten wurden nach Angaben des Rechtsmediziners 14 Tage später keine Brandspuren gefunden.