Warstein. . Vor 50 Jahren besuchte Bundespräsident Heinrich Lübke als erstes und bislang einziges Staatsoberhaupt die Stadt Warstein. Er traf auf viele Bekannte.
Ganz besonders schick gemacht haben sich die Stadt Warstein und ihre Würdenträger heute vor genau 50 Jahren. Schließlich stand hoher Besuch ins Haus. Der Bundespräsident Heinrich Lübke und seine Ehefrau Wilhelmine haben sich angekündigt: großer Bahnhof in einer kleinen Stadt. „Warstein hat sich da richtig Mühe gegeben und wollte nur das Beste vom Besten präsentieren“, blickt Kustos Dietmar Lange auf den großen Tag und die Vorbereitungen zurück.
„Aber im Festsaal des Haus Kupferhammer hingen noch die alten Gardinen von Frau Bergenthal“, erinnert sich Berna Enste, die den Besuch als Mitarbeiterin der Stadtverwaltung damals mit organisierte, „da mussten vorher dringend noch neue her, das war eine teure Sache für die Stadt.“ Raumausstatter Oppmann stattete den historischen Saal mit roten und weißen Gardinen aus, die ins festliche Ambiente passen sollten. Sie hängen dort noch heute.
Ein „Landsmann unter Landsleuten“
Als der Bundespräsident dann eintraf, präsentierte er sich nicht in erster Linie als erster Bürger der Bundesrepublik, sondern „er gab sich als Landsmann unter Landsleuten“, wie WP-Redakteur Werner Diederichs damals notierte. Morgens um 10.23 Uhr lief der Sonderzug mit dem Bundespräsidenten im Bahnhof von Oeventrop ein. Nach der Begrüßung durch Landrat Karl Brüggemann fuhr Lübke weiter nach Warstein.
Im Haus Kupferhammer wurde der hohe Besuch aus Bonn dann offiziell begrüßt. „Um den Festakt gab es viel Aufregung vorher“, weiß Berna Enste noch, „wir standen da in engem Kontakt mit dem Bundespräsidialamt, die viele Dinge dann auch von einem Tag auf den anderen noch geändert haben.“
Zunächst ergriff Warsteins Bürgermeister Hermann Risse das Wort: „Der Besuch ist für unsere Stadt eine große Ehre und Auszeichnung.“ Die Warsteiner kannten Lübke noch als Landtagsabgeordneten und Ernährungsminister in den ersten Nachkriegsjahren. Auch als Bundeslandwirtschaftsminister in den 50er Jahren stattete er Warstein einen Besuch ab. Er besichtigte den Hof Schwingenheuer in der Romecke, den ersten Aussiedlerhof, der zuvor direkt gegenüber Mestermanns gelegen hatte. So erinnerte er in seiner Rede 1966 auch „an alte Zeiten, in denen er oft in Warstein gewesen sei“, wie die WP berichtete.
Hutpflicht für die Damen
Die Damen bewegte abseits der Reden aber eine ganz andere Frage: Welcher Hut ist wohl der richtige? Da Wilhelmine Lübke als Bundespräsidenten-Gattin „mit einem breitkrempigen, blauen Sommerhut“ auftrat, war auch für die übrigen Damen eine Kopfbedeckung Pflicht. „Elisabeth Risse, die Ehefrau des Bürgermeisters, erzählte mir, dass sie extra noch nach Lippstadt gefahren ist, um einen schicken Hut zu kaufen“, erzählt Berna Enste mit einem Schmunzeln.
Hermann Risse trug anlässlich des feierlichen Anlasses einen Stresemann-Anzug, als er Heinrich und Wilhelmine Lübke als Gastgeschenk westfälische Köstlichkeiten überreichte: einen Schinken, Pumpernickel und eine Flasche Steinhäger – dargereicht auf „einer zentnerschweren Marmorplatte“, wie Werner Diederichs berichtete.
„Die ganze Geschichte geht ans Altersheim“, entschied der Präsident – oder vielmehr Gattin Wilhelmine. Denn dort legte das Ehepaar eine Zwischenstation ein. Sie scheinen sich wohl gefühlt zu haben, wie der WP-Bericht nahelegt: „Mit dem ältesten, dem 94-jährigen Oscar Letevre aus Heggen, unterhielt sich Wilhelmine eingehend über die Verwendung des Schinkens und des Steinhägers.“ Und weiter: „Die alten Leute klatschten beinah so angetan wie die fähnchenschwingenden Schulkinder.“
Ein „privater Besuch“ stand anschließend in Hirschberg auf der Tagesordnung, wo sich Lübke mit einem Schulfreund aus der Zeit am Briloner Petrinum traf, bevor er nach Neheim-Hüsten weiterfuhr.
Seitdem hat kein weiteres Staatsoberhaupt mehr die Stadt Warstein besucht. „Es wird mal wieder Zeit“, findet Dietmar Lange. Vielleicht gibt es dann auch endlich wieder neue Gardinen für das Haus Kupferhammer.