Warstein. . Das Schützenwesen ist neuerdings offizielles Kulturgut: Nach der Anerkennung durch die deutsche Unesco-Kommission fühlen sich Warsteiner Vereine bestätigt.

Die Begründung der Unesco-Kommission klingt etwas hochgestochen: Das Schützenwesen sei „Ausdruck lokaler aktiver Kulturpraxis, die stark in örtliche Sozial- und Kulturmilieus eingebunden ist“ – deshalb nahm die Kommission diese Sitte ins Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf. Was Vertreter der großen Verbände als wichtigen Schritt Richtung Modernisierung feiern, lässt auch viele Vereine in Warstein auf eine bessere Zukunft hoffen. „Vielleicht kommt bei der Stadt jetzt endlich an, dass wir es nicht so leicht haben“, sagt etwa Dietmar Beele von der Waldhausener Schützenbruderschaft St. Antonius 1870.

Er meint die Sicherheitsauflagen, die die Organisation von Schützenfesten schwierig machten. „Der Brandschutz brennt uns unter den Nägeln. Seitdem vor sechs Jahren ein Autofahrer in Menden in einen Festumzug gerast ist, ist es schlimm.“ Damals starben zwei Menschen. Die verschärften Auflagen der Behörden seien schwer zu erfüllen, sagt auch Franz-Josef Schröer von der St.-Johannes-Schützenbruderschaft 1749 in Niederbergheim. „Aber an solchen Sachen ändert sich leider nichts.“ Vielleicht jetzt mit der Ernennung zum Kulturgut? Beele: „Wir akzeptieren die Gesetze. Aber jedes Gesetz ist Auslegungssache. Da können die im Rathaus nicht einfach Dienst nach Vorschrift machen.“

Zeitenwende kündigt sich an

Den Warsteiner Schützen geht es gut, doch die Zeitenwende, unter der die Vereine anderswo bereits leiden, kündigt sich auch hier an. Weniger Mitglieder, weniger Ehrenamtliche, weniger Fest-Besucher erwartet Tim Döring von den St.-Sebastianus-Junggesellenschützen vielerorts in den nächsten Jahren. „Die Frage ist, ob wir das aktuelle Niveau werden halten können“, sagt der 27-Jährige, der seit zehn Jahren im Vorstand der Junggesellenschützen mitarbeitet.

Es geht auch darum, ob die Schützen-Organisationen noch zeitgemäß sind. Noch im Frühjahr schien es so, als ob das Schützenwesen nicht so bald den Sprung auf die Kulturerbe-Liste schaffen würde. Damals hatte die deutsche Unesco-Kommission den Antrag zurückgestellt – vor allem wegen der Diskussionen um einen muslimischen Schützenkönig in Werl-Sönnern und um homosexuelle Königspaare. Erst nach erneuten Gesprächen mit der „Europäischen Gemeinschaft Historischer Schützen“ und dem „Deutschen Schützenbund“ beschloss die Kommission letzte Woche, das Schützenwesen als immaterielles Kulturerbe anzuer­ken­nen. In Warstein sind die Vereine in diesem Punkt gespalten. Der Kreisschützenbund sagt: „Bei uns darf jeder den Vogel abschießen – ganz gleich, welchen konfessionellen Glauben er hat.“ Dasselbe gelte auch für homosexuelle Schützen. Franz-Josef Schröer aus Niederbergheim fordert hingegen: „Der König sollte bei uns streng christlich sein.“ Tim Döring verweist darauf, dass es Schützenbruderschaften generell darum gehe, Traditionen zu bewahren.

Die Aufnahme auf die Kulturerbe-Liste hat offenbar vor allem einen psychologischen Effekt, wie Döring sagt: „Es ist eine Bestätigung unserer Arbeit.“