Belecke. . Hans-Jürgen Raulf liegt die Unterhaltung im Blut. Mit ihr will er die alten Bräuche weitervererben
Diese Karnevalsgene, diese Kreativität im Blut, die hat er von seiner Mutter geerbt. „Hasi“ sagt das, eigentlich Hans-Jürgen Raulf. Schon seine Mutter hat früher Gesellschaften unterhalten. Das macht Hans-Jürgen Raulf auch, schon seit mehreren Jahrzehnten ist er im Belecker Karneval unterwegs. Ausprobiert hat er alles, der Mann mit den hellen blauen Augen, die irgendwie so wirken, als würde jederzeit ein Witz hinter ihnen geboren.
Beim Belecker Jugendkarneval hat er angefangen, das war 1956. Damals war er gerade vier. „1969 hab ich dann mit Büttenreden im Jugendkarneval angefangen. Bis 1976 war ich dann im Elferrat“, erzählt er. Beeindruckend genau listet er die Jahreszahlen seiner karnevalistischen Karriere auf. Vizepräsident ab 1969. Zwei Jahre später Prinz im Jugendkarneval, bis er zu alt dafür wurde.
Ihn trieb es aber nicht direkt in die Große Belecker Karnevalsgesellschaft (GBK), sondern zusammen mit anderen Jugendlichen gründete er die Johnnys. Eine Gruppe für Jugendliche, die zusammen Karnevalswagen bauten, richtige Konvois sogar. „Das war recht wichtig für den Belecker Karneval. Wir haben uns stets bemüht, das Niveau des Rosenmontagszuges zu heben und aufzubauen“, erinnert sich Hans-Jürgen Raulf. Irgendwann gründeten sich zwei weitere Gruppen. Der Scheunenclub und die „Unwuisen“, was soviel bedeutet wie „verrückt“.
Hans-Jürgen Raulf schmunzelt, als er an die Zeit des Konkurrenzkampfes zurückdenkt. „Da ging es immer drum, wer besser war als der andere“, sagt er. Eine recht gesunde Situation wie er findet. Auf die Ortsteile mit all ihren Vereinen bezogen, will er aber keinen Konkurrenzkampf. Er schielt nur auf die Nachbarschaft, um zu lernen. Er freue sich, wenn eine regelrechte Karnevalsregion wachse, Konkurrenz sei fehl am Platz.
Karnevalist auf dem Cover
Er erhebt sich von dem gemütlichen Ecksofa in seinem Arbeitszimmer, an dessen Wände Karnevalsurkunden hängen. Nach einigem Kramen in der Vitrine legt er eine CD auf den Tisch, das Cover zeigt ihn in voller Montur, den Karnevalisten. „1983 habe ich angefangen, mit Gesang mitzumischen. Jedes Jahr bringe ich einen neuen Song raus, passend zum Motto“, sagt er. Er tritt mit seiner Band Halli Galli auf, einem Quintett mit Akkordeon, Trompete, Gitarre, Schlagzeug. Er selbst ist der Frontmann, der Unterhalter. Eben der, der es manchmal auch mag, im Mittelpunkt zu sein. Selbstgeschrieben hat er viele Lieder. Die Ideen für die Texte oder die Melodie, die würden einfach kommen.
Das läge in den Genen, diese Gene von der Unterhalter-Mutter. Unterhalten, das ist für ihn das wichtigste. „Wenn ich auf der Bühne stehe und die Leute animiere, wenn ich merke, dass der Funke auf das Publikum überspringt und dann wieder zurück, das ist Karneval“, sagt er. Dann zählt er wieder seine Chronik auf.
Lieder mitgebracht
1987 war er im Elferrat der GBK. 1989 wurde er Präsident, blieb es 13 Jahre lang. 2009 ging es in den Senat. Seine Aufgaben im Karneval: Den Zug kommentieren, den Rosenmontagszug bewerten, Organisatorisches. Und natürlich auf der Bühne stehen und singen, Lieder, die er erst in den Belecker Karneval eingebracht hat. Wichtig sei dabei, Spaß zu haben, Ideen zu verarbeiten, den Geist des Karneval rüberzubringen. Hans-Jürgen Raulf möchte das Liedgut bewahren.
Wieder steht er auf, kramt in der Vitrine und holt ein Liederbuch hervor, in dem er seine und andere Songs zusammengefasst und bewahrt hat.
Traditionen bewahren. Darum gehe es ihm im Karneval. Traditionen, die ziehen sich durch sein Leben. So leitet er mit einigen anderen zusammen die Platduitske Schaule, ist Vorsitzender des Kultur- und Heimatvereins. Nicht nur im Karneval ist er also Hüter der Traditionen. „Traditionen sind eine wichtige Sache für den Ort, sie müssen gelebt und an spätere Generationen vererbt werden. Im Karneval wird das durch Spaß und Humor gemacht“, sagt der Sänger. Humor, das sei ganz wichtig, besonders in einem urwüchsigen Karneval, wie es ihn in Belecke gibt. Es geht um ortsbezogene Witze, heitere Sachen im Karneval.
Den urwüchsigen Humor der Belecker versucht er zu beschreiben. Irgendwann zuckt er die Achseln: „Das muss man miterlebt haben.“ Er tut vieles für die Belecker Narren. Alles ehrenamtlich. „Das erfordert viele Zugeständnisse meiner Frau, sie trägt meine Leidenschaft mit, macht mit. Auch zwei von meinen drei Kindern sind im Karneval dabei“, sagt er nachdenklich. Sein Sohn ist Sitzungspräsident, seine jüngste Tochter schon zehn Jahre in der Damengarde. Die Unterhaltergene in der dritten Generation eben.