Sundern. Geistlicher Rat Gottfried Springmann spricht über Veränderungen: „Resignation ist fehl am Platz.“

Es war der 21. März 1971, ein Sonntag vor genau 50 Jahren, als Geistlicher Rat Gottfried Springmann (91) als neuer Pfarrer der St.-Johannes-Gemeinde Sundern eingeführt wurde. „Der Umzug nach Sundern war einen Woche zuvor erfolgt“, erinnert sich der Priester an den Beginn seiner Zeit an der Röhr, damals noch Freiheit Sundern und nicht Stadt. „Nun bin ich schon 50 Jahre Bürger dieser Stadt und Seelsorger der Johannes-Gemeinde“, sagt der heutige Subsidiar, der im Seniorenhaus St. Franziskus noch regelmäßig Messen hält und so in Corona-Zeiten mit den Übertragung aus der Kapelle des Hauses eine wichtige Stütze ist.

50 Jahre Seelsorger in einer Stadt ist schon eine äußerste Seltenheit. Viel habe sich verändert in diesen Jahrzehnten, das ergibt sich schnell im Gespräch unserer Zeitung, das dann am Ende eine richtige Zeitreise ist. So geht es um das Stadtbild und Gottfried Springmann zählt in einem Stakkato auf: „Alte Häuser sind verschwunden, zahlreiche neu sind dazu gekommen, und vier Jahre nachdem ich gekommen bin, wurde Sundern zur Stadt.“

Industriestandort verändert sich

Auch Sundern als Industriestadt habe sich verändert: „Viele Firmen wurden erweitert, andere sind verschwunden.“ Er spricht auch Änderungen an, die seinen täglichen Wirkungskreis berühren: die Entstehung des Haus des Abschieds in der Settmecke, die neuen Kitas in der Stadt, die Seniorenhäuser, die in Sundern, in Allendorf und bald in Amecke, ebenso den Neubau der evangelischen Kirche.

Besuch im Pfarrhaus mit Pfarrer Gottfried Springmann und Erzieherin Maria Kaiser, jetzt Tolle, ein Fotos, das um 1980 entstanden ist
Besuch im Pfarrhaus mit Pfarrer Gottfried Springmann und Erzieherin Maria Kaiser, jetzt Tolle, ein Fotos, das um 1980 entstanden ist © WP | WP

„Viele neue Ansprechpartner gibt es etwa bei den Ortsvorstehern und natürlich beim Bürgermeister. Es ist halt viel geschehen in Sundern“, sagt Gottfried Springmann. Und auch in der Gemeinde: „Es war noch eine gute Zeit, als in St. Johannes außer dem Pfarrer immer noch ein zweiter Seelsorger war“, schaut er auf die Jahrzehnte zurück und sieht wie kein anderer die ständigen Veränderungen, denen die Kirche unterworfen ist. Ein Blick geht auf die Vikare zurück, die heute wie Ludwig Reffelmann in Siegen oder Ludger Eilebrecht (Möhnesee) eigenen Gemeinden haben. „Mir folgte ja 2000 Michael Schmitt nach, der inzwischen in St. Walburga in Meschede Pfarrer ist. Und seit 2017 ist ja nun schon Stefan Siebert Pfarrer in St. Johannes.“ Schön sei es, dass es für die Pensionäre, wie ihn, noch kleine Angebote gebe, wie die Seelsorge in Franziskus Seniorenhaus.

Zahl der Gottesdienstbesucher sinkt stetig

Die Gemeinde, so sieht es Geistlicher Rat Gottfried Springmann stehe bereits seit den 80er Jahren vor Veränderungen im Gemeindeleben. „Die Zahlen der Gottesdienstbesucher sinken langsam, aber stetig“, fasst er zusammen. Dazu kämen verschiedene Faktoren: „Die Glaubensweitergabe in den Familien schwächeln, Seelenämter zur Beerdigung werden selten. Die Kirche sucht ihr Heil in der Bildung des Pastoralverbundes dann im Pastoralen Raum, mit nur einem katholischen Pfarrer im Stadtgebiet. Vikare sind Mangelware. Austritte nehmen zu“, zieht Springmann eine Bilanz der vergangenen Jahre.

Noch hält der alte Kern

Dazu kämen neue Aspekte: „Die Kirche in er Anklage, Priester beschuldigt. Schaden durch Vertrauensverlust. Priestermangel unabwendbar. Die Corona-Krise sorgt für den Rest“, sieht er die Lage der heutigen Kirche. Für ihn stelle sich an diesem Punkt die Frage, wie es weitergehe: „Noch hält der Gemeindekern der Alten durch. Viele sind weggegangen, wie viele werden wiederkommen“, fragt sich der 91-Jährige. Er hat aber Hoffnung: „Resignation ist fehl am Platz. Die Kirche hat einen langen Atem,. Der begonnen ,Synodale Weg’ lohnt alle Mühe“, hält er fest.

Vielfalt der Dienste

Die Gemeinde habe „investiert, wo es nötig war“: Zweimal große Innenrenovierung, neue Orgel und Glocken, neues Pfarrhaus, neue Kita und Pfarrheim.

Ein Priester profitiere von der Vielfalt der Dienste, sagt Springmann. Und nennt das Pfarrbüro, die Küster, die Organisten und auch die Gemeindereferenten, die „frischen Wind“ gebracht hätten.

Er vergisst aber auch nicht die vielen Ehrenamtlichen, die Sundern in der Gemeindearbeit zu bieten hat: „Da wird nicht gefragt, was habe ich davon“, sagt Springmann dazu.

Warum? „Mit Glauben kann man das Leben besser bestehen: Meine 50 Jahre in Sundern waren kein Endspiel. Gott schläft nicht. Warten wir’s ab“, sagt Gottfried Springmann. Schon zu seinem Diamantene Priesterjubiläum sagte Springmann mit Weitblick: „Die Kirche hat nicht mehr die tragende Kraft wie zu meiner Jugendzeit. Da war der Glaube viel selbstverständlicher. In den Gemeinden muss das Bewusstsein wachsen, dass der Zustand nicht nur an den Priestern hängt, sondern auch vor allem von den Gläubigen und deren Glaubenszeugnis abhängt.“