Sundern. Eine Ausstellung eines Künstlers aus der Partnerstadt Calopezzati gab es noch nie: Chiara G. Leone hat es jetzt umgesetzt.
Frank Albrecht
Was hast du für eine Beziehung zu Europa? Das wurden vor einigen Wochen Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums Sundern gefragt und machten sich so ihre Gedanken. Ganz bewusst waren Jugendliche mit einem so genannten Migrationshintergrund angesprochen, ihren Text mit Blick auf die Europawahlen im Mai zu schreiben. Jetzt bereichern ihre Texte die Fotografien in der Ausstellung von Chiara G. Leone im Rathaus-Foyer.
Dabei sind Foto und Texte Teil eines Gemeinschaftsprojektes der Stadt Sundern mit dem Förderverein Calopezzati-Sundern, des Städtischen Gymnasiums Sundern sowie des Bildungszentrums Sorpesee. Und Chiara G. Leone ist nicht irgendeine Italienerin: Die Fotografin hat ihren beruflichen Abschluss im Bereich Kultur absolviert und ist auch politisch aktiv. Im Alter von erst 28 Jahren wurde sie zur stellvertretenden Bürgermeisterin von Calopezzati, der Partnerstadt von Sundern in Italien. Politik ist ihr ein wichtiges Anliegen, die Rolle der Frau in der Gesellschaft auch. „Ich sehe die Frau als Mittelpunkt meiner Arbeiten“, erklärt Leone. Die Fotos von ihnen könnten als Brücke zur Seele der Frau verstanden werden, erklärt die Künstlerin auf Italienisch.
Teil der Gesellschaft
So zeigen die Fotografien im Foyer des Rathauses die Frauen als Teil der Gesellschaft in Europa, aber auch als Individuum. Wesentliches Merkmal der Fotos: Die Gesichter der Frauen sind nicht zu sehen, sondern nur ihr Körper als Teil und Ausdruck ihrer Lebenssituation. Ihre Gesichter und erst recht die Augen würden die Betrachter der Fotos nur ablenken, lacht die Fotografin. Dabei soll jede Frau sich auf den Bildern wieder erkennen können und ihre Gefühle wie Liebe oder Schmerz darin spüren können.
Eigene Rolle
Mit ihrer eigenen Rolle in der europäischen Gesellschaft haben sich auch die Schülerinnen und Schüler des SGS beschäftigt. Lisa Marceran aus Frankreich und Stella Reinstein aus den Niederlanden sind zwei der am Projekt beteiligten Schüler. Mit Eltern, die nicht aus Deutschland, wohl aber aus dem gemeinsamen Europa stammen, haben sie diesen Migrationshintergrund und ihre Fragen an die Union. „Wir wollen in den Texten unsere eigene Beziehung zu Europa darstellen“, beschreibt Lisa aus der Jahrgangsstufe 9 am SGS. Jeder habe sich Gedanken gemacht und einen Text mit dem Lehrer formuliert, insgesamt rund einen Monat hätten sie an den Text-Projekt gearbeitet. Und ihre Geschichten aus den einst fernen Ländern erzählen von internationalen Lebensläufen.
Europa hat Vorteile
„Europa hat viele Vorteile“, weiß auch Stella aus Klasse 7: Offene Grenzen, andere Sprache – das positiv Andere eben. Beim Formulieren hätten sie vor allem die Vorteile des Zusammenschlusses gesehen. Kulturelles, Persönliches und die schönsten Urlaubserinnerungen seien eingeflossen. Die Texte der Schüler sind in ihren beiden Sprachen in der Ausstellung zu finden und erzählen auch von offenen Grenzen und dem unkomplizierten Besuch der Verwandten im anderen Teil Europas, wo sie ihre Wurzeln haben.
Gleichberechtigung umsetzen
Von den Fotografien Chiara G. Leones ist auch Sunderns Bürgermeister Ralph Brodel begeistert. „Es wird Zeit, dass wir Gleichberechtigung endlich umsetzen, und Gespräche darüber sollten endlich überflüssig werden“, so Brodel.