Sundern/Börnsen. . Sportwetten gab es nie bei eVision, dafür jede Menge Investitionen im Milieu in Thailand sowie in Autovermietungen oder Plantagen.

Damit hatte der 51-jährige Hauptangeklagte im Sportwetten-Prozess gegen die Firma eVision Networking GmbH aus Sundern gestern nicht gerechnet: Um 16.42 Uhr öffneten die Justizbeamten letztmalig seine Handschellen. Zehn Minuten später klatschte die große Fangemeinde des Finanzjongleurs im Arnsberger Landgerichts Beifall: Richter Markus Jäger verurteilte ihn zwar zu drei Jahren Haft, setzte aber den Haftbefehl aus, bis zum Antritt in einer heimatnahen Haftanstalt.

Ende am achten Verhandlungstag

Das Verfahren nahm am achten Verhandlungstag einen zunächst

Geschäftsführer aus Sundern erhält Bewährungsstrafe

Der 62-jährige Geschäftsführer der deutschen eVision Networking GmbH aus Sundern
wurde wegen versuchten
Betrugs und Steuerhinterziehung zu einem Jahr und zehn
Monaten verurteilt. Es gilt für ihn
eine dreijährige Bewährungsfrist, außerdem muss er 250 Sozialstunden absolvieren und
2000 Euro Strafe zahlen: „Er hat eine untergeordnete Rolle gespielt“, so Richter Jäger dazu.

Die Ehefrau des Hauptangeklagten aus Börnsen (68) erhielt bei Einstellung des Verfahrens gegen sie eine Strafe von 3000 Euro und 250 Sozialstunden.

Der Stiefsohn wird wegen Beihilfe zu einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, er muss 25.000 Euro Strafe in drei Jahren zahlen.

normalen Beginn: Staatsanwalt Henning Michels erweiterte die Anklage gegen den Stiefsohn des Angeklagten (38) um 16 weitere Fälle, in denen er Beihilfe zum Betrug geleistet haben soll. Gravierend ist dabei der Zeitpunkt nach der Insolvenz der GmbH. Kurz darauf folgte die Fortsetzung der Vermittlungsgespräche vom September. Mit der Folge, dass wenig später Rechtsanwalt Kein das Richterbüro und den Saal wütend verlässt. Streitpunkt: Die sofortige Aussetzung des Haftbefehls.

Nach einer Pause wird das Gespräch fortgesetzt. Gegen 13 Uhr verkündet Richter Jäger die Ergebnisse der Verständigung und den Willen aller (Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidiger) das Verfahren „heute zu beenden“. Es folgt ein langer Weg, unterbrochen von Pausen und Beratungen, bis zum Urteil.

Zunächst wird der Stiefsohn vernommen: Dabei taucht eine neue Firma auf, die eVision Networking Corporation in Florida. Sie hat der 38-Jährige im Herbst 2016 gegründet, mit Hilfe eines Dienstleisters. Hintergrund: Geordnete Verhältnisse suggerieren. Zudem muss er Anleger beruhigen, die nach der Insolvenz der deutschen Firma mit Sitz in Sundern um ihre Einlagen bangen. Letztlich übernimmt, via Thailand, die Teamleitung der eVision Networking Hongkong die Geschäfte ab 1. Januar 2017 von ihm. Gelder für Rechnungen aus den USA wurden ohnehin vom Stiefvater überwiesen.

Kurze Plädoyers

Die Plädoyers hielten sich entsprechend der Verständigung kurz, Staatsanwalt Henning Michels sah den Vorwurf des versuchten Betrugs in 355 Fällen und Steuerbetrugs in 13 Fällen für den Sunderner Geschäftsführer (62) und den Drahtzieher aus Börnsen gegeben. Hauptpunkt: Das Wettsystem gab es nicht, die Anleger wurden aus eingehenden Neuanlagen bezahlt: „Der Hauptangeklagte war der Kopf nach außen.“

Und am Ende waren sich Verteidiger und Staatsanwalt auch einmal einig: „Die Investitionen wurden nicht richtig kommuniziert, es war eigentlich ein Crowd­funding.“ Dass das nicht richtig war, habe sein Mandant jetzt verstanden. Kein kam dann noch auf „die exotische Verhaftung in Kambodscha“ zu sprechen und beantragte, den Haftbefehl auszusetzen.

Interne Richtlinien gegeben

Das Gericht begründete die dreijährige Haftstrafe damit, dass der 51-Jährige nicht nur nach außen das Gesicht von eVision war, sondern auch intern die Linie vorgab. Es würdigte auch, dass kaum Schaden entstanden sei, zudem die Anleger sehr risikobereit gewesen wären. Richter Jäger: „Wir sehen es aber als Schneeballsystem an, und da fängt der Betrug an, wenn das erste Geld gezahlt wird, unerheblich ob es zunächst zurückgezahlt wird.“ Irgendwann käme dann der Zusammenbruch in einem solchen System. Zudem wären die Gelder aus Thailand nie zurück geflossen.