Sundern. . Die rettungsärztliche Situation hat sich im Stadtgebiet Sundern schlagartig verbessert.

  • Vor 21 Jahren noch Entsetzen
  • In 20 Jahren rund 20.000 Notarzteinsätze
  • Zahl der Einsätze steigt

Wenn sich heute bei einem Notfalleinsatz irgendwo in Sundern die Rettungssanitäter der Rettungswache des Kreises und ein Notarzt im sogenannten Rendevouz-Verfahren am Einsatzort treffen, dann ist das für alle Beteiligten der Normalfall.

Vor 21 Jahren aber, als der Mediziner Hermann-Josef Müller (60) aus England und nach langen Jahren als Notfallarzt in seine Heimatstadt Sundern zurückkam, schlug er die Hände entsetzt über dem Kopf zusammen:

„Modell Sundern“ ist heute bundesweit bekannt

„Hier besteht eine schlechte rettungsärztliche Versorgung und hier kommen Menschen und Patienten zu Schaden und werden gar nicht oder nur schlecht versorgt“, war sein schnörkelloses Fazit.

Ein schwerer Autounfall mit mehreren Verletzten und Toten zeigte damals zudem aktuell die Versorgungslücke auf. Heute ist das „Modell Sundern“, wie es in Fachkreisen heißt, in ganz Deutschland bekannt.

Neues System aus der Taufe gehoben

Müller nahm dann 1996 Kontakt mit allen zuständigen Organisationen auf, und musste feststellen: „Offensichtlich ist dafür keiner zuständig.“

Natürlich war das nicht so, und letztlich wurde zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung, die die Zuständigkeit an den Kreis weiterschob, aber Zuschüsse zahlte, ein ganz neues, von Müller entwickeltes System aus der Taufe gehoben. Heute, 20 Jahre nach dem Start, kann man auf gut 20.000 Notarzteinsätze zurückblicken.

1997 gegründeter Verein ist Plattform für das System

„Die Steigerungen sind kontinuierlich gewesen“, sagt der heutige Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Notfallversorgung Sundern e.V., Dr. Manfred Gerhardt.

Der Verein, den Hermann-Josef Müller 1997 gründete, damit das System auch eine Plattform hatte, hat sich bewährt. Im Dezember 1997 wurde das damals viel beachtete erste NEF (Notfalleinsatzfahrzeug) angeschafft. Zunächst am Schirgiswalder Platz steht es heute an der Notfallambulanz in der Röhre bzw. bei den in Sundern ansässigen Ärzten, wenn sie Dienst haben.

Furore mit eigenem Blaulicht auf dem Wagen

Vereinsvorsitzender Dr. Manfred Gerhardt.
Vereinsvorsitzender Dr. Manfred Gerhardt.

Damals fuhr der Notarzt das Auto, es war am Anfang ein Audi Avant R6 Quattro, noch selbst bei den 112-Einsätzen. „Das geht schon lange nicht mehr“, berichtet Klaus Pingel, schon zur Vereinsgründung als damaliger DRK-Vorsitzender in Sundern von Müller in den Vorstand geholt.

Maßgeblich an der Umsetzung des neuen Systems beteiligt war der Altenhellefelder Allgemeinmediziner Dr. Rudolf Wortmann. Er machte im Vorfeld Furore, als er mit eigenem Blaulicht zu den Einsätzen fuhr.

1998 kommt erster hauptamtlicher Rettungsassistent

Die Geschichte nahm ihren Lauf: Schon im November 1998 beschäftigte der Verein den ersten hauptamtlichen Rettungsassistenten, der zusammen mit dem eingeteilten Notarzt im NEF-Audi, im Volksmund „Kleiner Notarztwagen“, das Stadtgebiet und Teile von Meschede wie Grevenstein oder Visbeck, abdeckt. „Hermann-Josef Müller war damals enorm initiativ“, sagt Pingel aus heutiger Sicht.

Müller sieht es heute eher, dass „ich es nicht etabliert, sondern durchgesetzt habe“. Unterstützung erhielt er vom damaligen Bürgermeister Franz Josef Tigges, der wusste, dass der Weg bis zu einer fachärztlichen Versorgung im Zweifelsfall recht weit sein konnte.

„Rettungsärztliche Situation schlagartig verbessert“

„Die rettungsärztliche Situation hat sich schlagartig verbessert“, zieht Müller heute ein Resümee dieser 20 Jahre Notfalleinsatzfahrzeug in Sundern.

Ein Thema: „Tauchunfall - Was muss ich wissen?“

„20 Jahre Notfalleinsatzfahrzeug“ heißt das Oberthema der Fortbildungsveranstaltung in Hachen am morgigen Mittwoch, 29. November.

Es referiert zu Beginn der ärztliche Leiter des Notfallstandortes Sundern, Dr. Manfred Gerhardt, über die vergangenen 20 Jahre.

„Tauchunfall - Was muss ich wissen?“ heißt es dann beim Referenten Dr. Karl-Heinz Schmitz, dem Fachbereichsleiter beim Tauchsportverband NRW.

Schließlich spricht der Bezirksstellenleiter der KV-Bezirksstelle Arnsberg, Dr. Hans-Heiner Decker, über die Zukunft des ambulanten Notfallversorgung.

Der Vorstand um Dr. Manfred Gerhardt besteht aus Dr. Ralf Torsten Richter (2. Vorsitzender), Schatzmeister Ferdi Kremer und Schriftführer Klaus Pingel.

Das System läuft bis dato noch genauso wie damals von Müller entwickelt, seit 2001 gibt es eine langfristige Vereinbarung mit Kreis und Kassenärztlicher Vereinigung. Inzwischen sind aber fünf Hauptangestellte beim Verein beschäftigt, die über Kreismittel finanziert werden.

15 Ärzte im Dienstplan

Als Notärzte sitzen 15 Ärzte, nicht nur aus Sundern, im Wagen, alles nach einem festen Dienstplan, informiert Dr. Manfred Gerhardt. Die Qualifikation ist dabei immer gleich: „Es muss sich um einen Facharzt mit der Fachrichtung Notarzt handeln“, sagt Schriftführer Klaus Pingel.

Inzwischen durchschnittlich 1 000 Einsätzen im Jahr

Die Einsätze sind in den Jahren kontinuierlich gestiegen: „Anfangs lagen wir bei etwa 400 im Jahr, etwa 1,5 am Tag, nun sind wir inzwischen bei durchschnittlich 1 000 Einsätzen im Jahr angekommen. Allerdings haben wir aktuell schon sechs Wochen vor dem Jahresende die 1000er-Grenze überschritten“, berichtet Dr. Manfred Gerhardt.

Der 20-jährige Einsatz des NEF wird am morgigen Mittwoch im Sport- und Veranstaltungszentrum in Hachen im Rahmen einer schon von Müller etablierten Fortbildungsveranstaltungen gewürdigt (siehe Infobox). Beginn ist um 18 Uhr.