Siegen. Dr. Andreas Hoffmann befürwortet digitales Prüfen – aber mit Einschränkungen.
Ein nasskalter Wintertag am frühen Morgen, Seminare, Sprechstunden- und Klausurtermine stehen an. Volle Züge und Busse. Viele Studis würden sich das Pendeln gerade im Wintersemester gerne ersparen und das Seminar lieber vom eigenen Schreibtisch aus verfolgen. Wie wäre es also mit einem Web-Seminar (Webinar) oder einer Online-Klausur? Das ist keine Zukunftsmusik, sondern wird in manchen Fachbereichen der Uni Siegen bereits erfolgreich umgesetzt.
Digitales Lernen ist sinnvoll
Dr.-Ing. Andreas Hoffmann, Akademischer Rat am Lehrstuhl Betriebssysteme und verteilte Systeme, hat als Lehrender der Uni Siegen mit der wachsenden Digitalisierung bereits sehr gute Erfahrungen gemacht und steht webbasierten Systemen offen gegenüber. „Webinare, elektronische Klausursysteme und so weiter sind aus meiner Sicht nur der logische nächste Schritt in der Durchführung von Lehrveranstaltungen beziehungsweise Prüfungen“, erklärt der Informatiker. „Nahezu jeder Student besitzt einen Laptop. Nahezu alle Studierenden haben ein Smartphone. Und wenn ich in einer digitalisierten Umgebung lebe, lerne und später auch arbeite, dann ist es nur logisch, auch digital zu prüfen.“
Positiv für Studierende
Dass diese Form der Prüfung insbesondere den Studierenden zu Gute kommt, zeigt ein Beispiel: „In meiner Veranstaltung Programmierpraktikum war eine Studentin mit einer schwerkranken Tochter, die über einen längeren Zeitraum eine 24-Stunden-Betreuung benötigte. Sie konnte also nicht an den Pflichtterminen teilnehmen, in denen sie ihre Programme zeigen und erklären musste. Wir haben dann per Skype die wöchentliche Überprüfung der Aufgaben abgewickelt und konnten so die Teilnahme ermöglichen.“
Klausurauswertung per Technik
Vor allem in der Informatik sieht Andreas Hoffmann großes Potenzial webbasierter Systeme. Er erläutert am Beispiel des Übungsbetriebs: „Die Studierenden laden ihre programmierten Lösungen in einem Online-Übungssystem hoch. Das System überprüft dabei, ob sich die Lösungen kompilieren und ausführen lassen. Außerdem werden einfache Testfälle geprüft. Bei der Bewertung der wöchentlichen Lösungen kann man somit jedem Studierenden detailliertes Feedback geben.“ Insofern würde der Informatiker den Ausbau derartiger Systeme begrüßen, gibt allerdings zu bedenken, dass sich die Lehr- und Lernlandschaft damit grundlegend verändern wird. Die Möglichkeiten jedenfalls sind da, um der digitalisierten Umwelt zukünftig im alltäglichen Universitätsbetrieb gerecht zu werden.
„Die heutigen Systeme bieten schon so viel mehr Potenzial, um eine generelle Veränderung herbeizuführen, aber dazu müssen die Dozenten und auch die Studierenden erstmal bereit sein“, erklärt er. Einige Studierende, die eine allzu verklärte Vorstellung von Online-Klausuren haben und mit einem Betrugsversuch liebäugeln, sollten ihre Energie weiterhin aufs Lernen richten, denn Hoffmann stellt klar: „Für summative Klausuren, also Klausuren die mit einer Note bewertet werden und gegebenenfalls über das endgültige Bestehen oder Nichtbestehen einer Studentin oder eines Studenten entscheiden, ist ein solches Szenario bislang ausgeschlossen.“ Auch das Verwenden eigener Laptops während der Prüfungen ist nicht erlaubt, denn die Geräte müssen einheitlich sein, die Prüfungsumgebung vergleichbar, so dass eine faire Durchführung ermöglich wird.