Weidenau. . Dozenten stehen Interessierten Rede und Antwort auf Fragen rund um aktuelle politische Themen – unter anderem zu Trump und sozialen Netzwerken.
„Wir müssen reden! Populismus in Europa und den USA“ - unter diesem Titel fand jetzt an der Universität Siegen eine Diskussionsveranstaltung über Populismus in Europa und den USA statt. Dr. Katharina Kreuder-Sonnen führte durch die Veranstaltung des Lehrstuhls für Europäische Zeitgeschichte. „Ereignisse in den letzten Monaten, wie der Wahlsieg Donald Trumps, haben dazu geführt, dass wir diese Veranstaltung organisiert haben.“, erklärt sie. Dafür muss zunächst darüber aufgeklärt werden, was Populismus eigentlich ist, danach wird darüber diskutiert.
Die Dozenten
Dazu haben sich drei Dozenten bereit erklärt: Dr. Christian Lahusen beleuchtet den Populismus aus soziologischer Perspektive, Prof. Dr. Claudia Kraft versucht mit den jüngsten politischen Entwicklungen in Ost- und Mitteleuropa aufzuzeichnen, wie Populismus in Europa aussieht, und Dr. Daniel Stein wirft als Amerikanist einen Blick auf die USA und die Personalie Trump. Sie verstehen sich in den Argumentationen nicht als Populismusexperten, die Lösungen und Antworten liefern, sondern betonen, dass die Veranstaltung ein Versuch sei, aktuelle politische Ereignisse aus den jeweiligen fachlichen Perspektiven zu schildern.
Der Ablauf
„Populismus ist ein polistischer Kampfbegriff, der es aufgrund seines positiven, aber auch negativen Gebrauchs schwer macht, eine neutrale Definition zu erstellen.“
Peter Lahusen erklärte dies gleich zu Beginn. In der Forschung ergäbe sich ein diverses Bild, der Populismus hat nach Lahusen jedoch zwei wichtige Aspekte, die zu seinem Verständnis nötig sind: Zum Ersten eine bestimmte Programmatik, die die durchweg demokratische Idee der Volkssouveränität widerspiegelt, jedoch auch das Bild einer politischen Klasse aufmache, die dem „einfachen“ Volk gegenüber stehe. Zum Zweiten die Mobilisierungsstrategien, die für den Populismus so entscheidend sind. Meistens äußern sich diese Strategien durch die deutliche Fixierung auf charismatische Führer. Populismus sei zunächst aber auch, wie Lahusen verdeutlicht, „jenseits von Links und Rechts“, denn: „Populismus ist eine Strategie, die sich für die einzelnen politischen Orientierungen auszahlt.“
„Auch früher hat es schon eine Art „Wir gegen die da oben“ gegeben.
So Claudia Kraft, die einen Rückblick auf das Osteuropa vor rund 25 Jahren bietet, sieht damals demokratische Entwicklungen, wo heute rein populistische Entwicklungen vorliegen. Dies sei jedoch kein Widerspruch, im Gegenteil. Die damalige Ausrichtung werde positiv gewertet, weil sie gegen den herrschenden Kommunismus gerichtet gewesen wäre, was dabei aber oftmals übersehen werde: Auch diese Bewegung sei stark populistisch gewesen. Die heutige Entwicklung sei hingegen mit Sorge zu betrachten, da nun „die damals aufgebaute Pressefreiheit jetzt mit gleicher Begründung zurückgeschnitten wird“. Ebenso wie ihr Vorgänger hebt Kraft noch einmal hervor: „Es ist sehr wichtig nicht direkt von rechts- oder linkspopulistisch zu sprechen. Vorsicht vor allzu schnellen Einteilungen.“
“Wir wollen keine populistischen Antworten oder Lösungen auf populistische Argumente liefern.“
Daniel Stein erläutert zunächst außerdem, dass das deutsche Rechts-Links-Spektrum in den USA so nicht vorhanden sei. Für ihn gibt es zwei Beispiele für Populismus im US-Wahlkampf, zum einen den „klassenbasierten“ Populismus, der Themen wie Arbeitslosigkeit und Globalisierung bediene, vereinfacht finde man diesen bei Bernie Sanders. Zum anderen den „ethnienbezogenen Populismus“, bei dem ein „Wir“ als spezieller Club gesetzt werde, und gewisse ethnische Zugehörigkeiten aus diesem „Wir“ ausgeschlossen würden, dies wäre etwa bei Trump der Fall.
Die Diskussion
„Engagiert euch!“
Katharina Kreuder-Sonnen will damit die Studierenden motivieren, sich auch außerhalb der Veranstaltung mit Politik auseinander zu setzen. Nach den Eingangsstatements haben alle Anwesenden die Möglichkeit, sich an der Diskussion zu beteiligen sowie Fragen zu stellen. So fragt beispielsweise Kreuder-Sonnen, welche Medien für die Mobilisierungsstrategien genutzt werden, und ob es Teil der populistischen Strategie sei, gerade auf die neuen Medien zu setzen. Kraft beantwortet den letzten Teil der Frage mit einem Nein, da gerade in Osteuropa politische Neuerungen nicht immer mit medialen Neuerungen einhergehen, und das öffentlich-rechtliche Fernsehen immer noch eines der Hauptmedien ist. Stein ergänzt, dass gerade die sozialen Medien, wie Twitter bei Trump, für den Populismus sehr wichtig sein können. Eine Frage ist aber auch, was man langfristig mit den Wählern anfängt, die jetzt, durch den Populismus mobilisiert, wählen gegangen sind. wenn sie nach der Wahl bemerken, dass die Punkte, die ihnen wichtig waren, nicht umgesetzt werden. Dazu meldet sich Stein zu Wort und sagt, dass diese Mobilisierung in beide Richtungen funktionieren kann. So könnten die bisher motivierten Wähler schnell Enttäuschung über ihr politisches Engagement empfinden. Lahusen erweitert die Antwort um die Aussage, dass es keine pauschale Lösung dafür gibt, was mit diesen Wählern zu tun sei. Abschließend erwähnt Lahusen noch, dass kommunale Politik leichter zu organisieren sei, aber die Frage wäre, wie die Umsetzung auf der Landesebene dann aussehen würde.
Politischer Aktivismus an der Uni Siegen
- Nicht nur Veranstaltungen wie „Wir müssen reden“ bieten an der Uni Interessierten die Möglichkeit, sich politisch zu engagieren.
- Auch auf Hochschulebene kann man sich mit Politik beschäftigen und auseinandersetzen - beispielsweise bei einer der Listen und/oder beim AStA.Die Lokalredaktion Siegen ist auch auf Facebook.