Siegen/Freudenberg. . Der Tathergang ließ sich nicht juristisch belastbar rekonstruieren, das heißt: Im Zweifel für den Angeklagten – Freispruch. Der Siegerländer Lokalpolitiker Peter Pfaffe stand am Freitag vor Gericht, weil er im Oktober 2013 in Freudenberg Michael S. (24) angegriffen haben soll. Zeuge des Vorfalls: der Fraktionschef der Linken im Siegener Rat, Martin Gräbener.

Der Tathergang ließ sich nicht juristisch belastbar rekonstruieren, das heißt: Im Zweifel für den Angeklagten – Freispruch. Der Siegerländer Lokalpolitiker Peter Pfaffe stand am Freitag vor Gericht, weil er im Oktober 2013 in Freudenberg Michael S. (24) angegriffen haben soll. Der angeblich Geschädigte trat als Nebenkläger auf. Pfaffe hätten 30 Tagessätze zu je 10 Euro Strafe gedroht. Zeuge des Vorfalls: der Fraktionschef der Linken im Siegener Rat, Martin Gräbener. Seine Erinnerung deckte sich freilich nicht mit der des Nebenklägers.

Unstrittig: Pfaffe und sein Begleiter Gräbener waren am 20. Oktober am Haus von Michael S. an der Asdorfer Straße in Freudenberg vorbei spaziert. Das Haus galt lange Zeit als Treffpunkt der rechten Szene im Siegerland: Die Gruppe Nationaler Widerstand Westerwald sollte sich dort eingemietet haben.

Ab hier gibt es zwei Versionen. Pfaffe sagte aus, ihm sei zu Ohren gekommen, dass am Haus faschistische Parolen und Banner aufgehängt seien. Er und Gräbener hätten sich aus Neugierde selbst ein Bild machen wollen. „Als wir am Haus vorbei gingen, stürzten drei bis vier Personen, teils vermummt, auf uns los“, schilderte Pfaffe. Verbalen Attacken seien Handgreiflichkeiten gefolgt. Er habe einen Schlag auf den Hinterkopf einstecken müssen. Das Duo habe sofort kehrtgemacht, wurde weiter bedrängt. Pfaffe erhielt einen weiteren Hieb ins Gesicht, erst am nahen Kreisverkehr hätten die Angreifer abgelassen. Zeuge Gräbener bestätigte diese Version.

Hessischer Ex-NPD-Kader als Anwalt

Nebenkläger Michael S. schilderte es so: Er sei beim Aufräumen gewesen, plötzlich habe sich die Klinke seiner Haustür gesenkt. Er habe die Tür geöffnet. Pfaffe sei ohne Vorwarnung zur Attacke übergegangen. Sein Bruder, der zur Zeit in der JVA Attendorn inhaftiert sei, und sein Freund André K. seien aus dem ersten Stock zu Hilfe geeilt. Gemeinsam habe man die Eindringlinge vertrieben. Ohne Schläge, versichert Michael S. Zeuge André K. vermochte diese Version nicht zu stützen: „Sie erzählen mir, S. Verletzung war blau, rot, groß, schmal, handbreit, fingerdick“, so Richter Stark genervt, der sonst gelassen und sich der politischen Brisanz für beide Seiten bewusst durch den Prozess führte: „Wenn Sie es nicht wissen, sagen sie das.“

Was folgte waren juristische Scharmützel. Dirk Waldschmidt, Vertreter der Nebenklage und prominenter Anwalt der rechten Szene, versuchte die Version des Beschuldigten zu entkräften: Es sei realitätsfern, dass sich Pfaffe und Gräbener gegen die angeblichen Attacken seines Mandanten nicht gewehrt, hätten, sagte der ehemalige stellvertretende Landeschef der hessischen NPD, der Ende 2013 auch als Beistand für einen Zeugen im NSU-Prozess aufgetreten war.

Letztlich konnten Staatsanwalt und Richter keine der Versionen verifizieren. Stark folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Freispruch: „Es kann so und so gewesen sein. Mich überzeugt keine der beiden Geschichten, ich kann mir zwar vorstellen, was passiert sein könnte, aber ich bin hier nicht beim Fernsehen, sondern entscheide auf der Basis von Sachverhalten.“