Siegen. . Die beiden toten Babys, die am Wochenende in Siegen und in Bonn entdeckt wurden, waren bei der Geburt lebensfähig, voll ausgebildet und haben geatmet. Das ist das Ergebnis der rechtsmedizinischen Untersuchung. Die 32-jährige Mutter der Kinder sagte in Untersuchungshaft aus.
Am Sonntag wurden die beiden Babys in Siegen und Bonn gefunden. Wie Ingo Scheid, Leiter der Mordkommission Hagen, am Dienstag mitteilte, habe die 32-jährige Kindsmutter die Säuglinge – beides Jungen – jeweils in eine Plastiktüte gepackt und sie dann tiefgefroren.
Ob die Neugeborenen zu diesen Zeitpunkten noch lebten, konnten die Ermittler nicht sagen. Spuren äußerlicher Gewalteinwirkung seien an dem Siegener Kind nicht festgestellt worden. „Zwischen Geburt und Ablegen im Gefrierfach lagen einige Stunden“, erläuterte Ingo Scheid. Beide Säuglinge blieben nach der Geburt unversorgt. Die Obduktion des Bonner Neugeborenen soll im Laufe des Mittwochs abgeschlossen sein.
Säugling in Siegen-Niedersetzen gefunden
Die Großmutter der Beschuldigten fand die gefrorene Leiche eines Säuglings am Sonntag im Tiefkühlschrank im Haus in Siegen-Niedersetzen, erläuterte Staatsanwalt Patrick Baron von Grotthuss. Laut eigenen Aussagen hat die 32-Jährige das Kind am vergangenen Donnerstag geboren – zwei Monate zu früh, wie sie glaubte. Und ohne dass Großmutter oder Eltern, die ebenfalls in dem Haus leben, etwas davon mitbekommen hätten.
Die Eltern der 32-Jährigen wiederum informierten nach dem Fund die Polizei. Beamte entdeckten daraufhin in der Bonner Wohnung der Beschuldigten eine weitere Leiche, ebenfalls tiefgefroren. Geburtstag dieses Kinds: 3. September 2013.
Schwangerschaft verlief unbemerkt
Weder Eltern noch Lebensgefährte – er gilt als Vater der Kinder – hätten die Schwangerschaft bemerkt. Zwar sei die Beschuldigte – die Polizei stellte bei der Vernehmung am Sonntagnachmittag einen Atemalkoholwert von 0,4 Promille fest – klein und zierlich. Aber: „Sie hat weite Kleidung getragen“, sagte Ingo Scheid. Ihrem Freund soll sie „Essprobleme“ und „Fressattacken“ vorgeschwindelt haben.
Das Motiv für die Taten ist nach Angaben der Ermittler nach wie vor im Dunkeln. Dazu habe sich die Kindsmutter bisher nicht geäußert. Was sie aussagte: Sie glaubte, die Babys seien tot. Sie hätten sich nicht bewegt und seien „grau“ gewesen. Auch Rechtsanwalt Daniel Nierenz sagte, dass er „zur Motivlage für das Handeln meiner Mandantin“ derzeit keine Auskünfte erteilen will. Inwieweit die 32-Jährige schuldfähig ist, soll ein Gutachten klären, sagte der Staatsanwalt.
„Sehr guter Kontakt zur Tochter“
In einer persönlichen Erklärung wandten sich die Eltern der Frau, die in Untersuchungshaft sitzt, am Nachmittag an die Öffentlichkeit. „Unvorstellbar“ sei es für sie gewesen, „dass dieses Baby von unserer Tochter stammte“. Sie sprechen von einem „sehr guten Kontakt zu unserer Tochter“, sie seien von einem „vertrauensvollen Verhältnis“ ausgegangen: „Dennoch haben wir von der oder den Schwangerschaften beziehungsweise Entbindungen unserer Tochter nichts – wirklich nichts – mitbekommen.“
Weiter heißt es: „Egal, was passiert ist und was die Ermittlungen ergeben werden, werden wir immer zu unserer Tochter stehen und sie nach Maßgabe unserer Kräfte unterstützen und weiterhin lieben.“
Hauptwohnsitz war Bonn
Seit mehreren Monaten, so die Ermittler, habe die 32-Jährige wieder in Siegen gelebt. In einem Zimmer im Dachgeschoss, in den Wohnungen darunter die Eltern und Großeltern. Ihr Hauptwohnsitz sei jedoch noch immer Bonn gewesen. Dort wohnt auch jetzt noch ihr Lebensgefährte. In der Beziehung der beiden habe es immer wieder Phasen gegeben, wo beide für einige Zeit räumlich voneinander getrennt gewesen seien.