Hilchenbach. .
Die Aufforderung von Bürgermeister Hans-Peter Hasenstab an den Rat, sein Nein zu jährlichen Steuererhöhungen ab 2015 zurückzunehmen und damit doch noch die Genehmigung des Haushaltssicherungskonzepts zu ermöglichen, sorgt für Wirbel in den Ratsfraktionen. Sie wollen das Thema in der letzten Ratssitzung der Wahlperiode, die am Mittwoch ab 17 Uhr in der Aula der Florenburgschule stattfindet, noch einmal auf die Tagesordnung holen.
Schockiert zeigt sich Grünen-Sprecherin Christiane Natusch über die Liste von Angeboten, die die Stadt nicht mehr vorhalten kann – von der Straßensanierung bis zum Familienbüro, vom Bundesfreiwilligen zur Verstärkung des Kinder- und Jugendbüros bis zur Förderung der Vereinsjugendarbeit: „Alles, was wir aufgebaut haben, wird mit einem Federstrich gestrichen — das kann man so nicht stehen lassen.“ Die Siegener Kommunalaufsicht hatte das nicht genehmigungsfähige Zahlenwerk aus Hilchenbach direkt an die Bezirksregierung durchgereicht; Auftragsvergaben wurden der Stadt nicht erlaubt.
SPD für Bürgerversammlungen
„Es ist unmöglich, dass wir uns in solch eine Situation bringen“, sagt UWG-Fraktionschef Heinz-Jürgen Völkel, „wir sind jetzt vollkommen handlungsunfähig.“ Es sei ein Fehler gewesen, dass der Rat die Steuererhöhungen abgelehnt habe; bei der Grundsteuer wäre es um vergleichsweise geringfügige Beträge gegangen, die die einzelnen Privathaushalte belasten würden. „Darüber muss noch einmal gesprochen werden.“ Im übrigen sei der Ausstieg aus den jährlichen Erhöhungsrunden nicht undenkbar: „Wir hoffen ja alle, dass es der SMS Siemag bald wieder gut geht“, sagt Völkel mit Blick auf den größten Gewerbesteuerzahler der Stadt. „Wir würden uns nicht verweigern“, erinnert Christoph Rothenberg (FDP) an seine Haushaltsrede: „Wir finden aber, dass darüber der neue Rat abstimmen sollte. Das könnte er auch gleich in seiner ersten Sitzung machen.“
SPD und CDU schätzen die Situation nach wie vor anders ein. Bei der Auflistung nur vermeintlich nicht mehr möglicher Ausgaben handele es sich „um reine Spekulation“, findet SPD-Fraktionschef Helmut Kaufmann. Auch mit den Steuererhöhungen wäre es nicht gelungen, den Haushalt vor 2022 auszugleichen — denn Voraussetzung dafür wäre, dass die erwarteten Millionen-Überschüsse aus den Haushalten der letzten Jahre tatsächlich eintreffen. Weil die Abschlüsse aber nicht vorlägen, sei die Rechnung „nicht seriös“. Laut derzeitiger Finanzplanung tritt die Überschuldung Hilchenbachs bereits 2017 ein.
Knappe Mehrheit gegen Erhöhung
In geheimer Abstimmung hatte der Rat es am 12. März mit 18 gegen 16 Stimmen abgelehnt, die Hebesätze für Grundsteuer B und Gewerbesteuer ab 2015 jährlich um zehn Prozentpunkte anzuheben.
Ebenso abgelehnt wurde die Empfehlung, dass die Friedhofsgebühren 80 Prozent der entstehenden Kosten decken sollen, und Hunde- und Vergnügungssteuer zu erhöhen.
Bürgermeister und Kämmerer hatten gewarnt, dass in Hilchenbach, ähnlich wie in Altena, ein Staatskommissar die Aufgaben des Rates übernehmen könnte.
Schuld daran seien die hohen Soziallasten, die den Kommunen aufgebürdet würden. Dass Bürger dafür mit ihrer Grundsteuer bezahlen, „das kann nicht sein“, sagt Kaufmann. Der SPD-Sprecher regt an, dass Bürgermeister Hasenstab in den Stadtteilen zu Bürgerversammlungen einlädt – so, wie in Freudenberg, als dort über eine drastische Steuererhöhung gestritten wurde. „Dann soll er den Bürger selbst fragen, ob er diese Infrastruktur vorgehalten wissen will“ — und, ob er dafür zu zahlen bereit ist.
CDU-Fraktionschef André Jung bezweifelt, dass die von der Verwaltung aufgezeigten Konsequenzen tatsächlich eintreten: „Da wollen wir eine zweite Meinung hören.“ Im übrigen habe die Stadt weitere Möglichkeiten, ihre Ausgaben zu begrenzen. Immerhin, so Jung, „können wir uns noch eine eigenständige Bürgermeisterwahl im nächsten Jahr leisten und 60 000 Euro in den Kulturellen Marktplatz pumpen.“ Diese Kritik gilt der Ratsmehrheit, die den städtebaulichen Wettbewerb für das Regionale-Projekt durchgesetzt hat, und der Entscheidung Hans-Peter Hasenstabs, seine Wahlzeit bis September 2015 zu erfüllen und sich nicht, wie einige seiner Kollegen in anderen Städten, am Sonntag gemeinsam mit dem Rat vorzeitig zur Wahl zu stellen.