Siegen. .

Ein Tanztheater-Schauspiel ist angekündigt. Um es vorweg zu sagen: Von Tanztheater ist dieser Abend so weit entfernt wie der Nordpol von Sizilien. Und Schauspiel? Auch nicht, dafür bekommen die sechs Akteure aus Athen zu wenig Entfaltungsmöglichkeit.

Es ist Sprechtheater, garniert mit sich ständig wiederholender Walzermusik, zu der sich die drei Frauen und drei Männer ausgiebig im Dreiviertel-Takt bewegen. Niveau: Mittlere Schwierigkeit. Die dazu ziemlich teilnahmslos gesprochenen, oft auch deklamierten Texte haben ein Thema: die Apokalypse, die unvorstellbaren, katastrophalen Folgen eines möglichen europäischen Krieges, der alles in Trümmer legt: Paris, Zürich, Berlin, Ljubljana, Amsterdam. Verschont bleibt niemand.

Bestenfalls höflicher Beifall

Dieses Inferno erleben die sechs Mitwirkenden von einem Tanzsaal aus. Die Tanzfläche ist eingerahmt von Kriegstrümmern und von Staub bedeckt. Abwechselnd gehen die Schauspieler zum Mikrofon, um ihre Texte über die kollektive Zerstörung Europas, die Ursachen und die Verantwortung dafür vorzutragen. Doch es sind Sätze mit pseudo-politischen und naiv-revolutionären Inhalten, die am Bühnenrand hängen bleiben. Teilweise schmerzhaft banal: „Angeliki tanzt mit Christos. In fünf Minuten werden sie sich setzen.“ Noch dazu nur zu verstehen, wenn der Zuschauer seinen Blick auf die Tafel konzentriert, wo die ins Deutsche übersetzten Sprechpassagen eingeblendet werden. Und das wiederum lenkt vom Bühnengeschehen ab.

Am Ende bleibt Ratlosigkeit, was sich die Autoren und Choreographen mit dieser Produktion eines durchaus ambitionierten Themas gedacht haben. Denn Inhalte, Zusammenhänge, ein Konzept erschließen sich auch dem aufmerksamen Zuschauer nur schwer, es sei denn, er definiert das sich endlos wiederholende Walzerthema als ein solches. Fast zum Schluss der Satz: „Wir realisierten, dass wir alles falsch gemacht hatten. Wir hatten Recht.“ Der höfliche Beifall nach 90 Minuten gilt den Akteuren, die sich redlich abgemüht haben. Mit viel Wehmut aber denkt man an die magischen Abende der zu Ende gehenden Spielzeit, als die Jon Lehrer Dance Company mit ihrer Bewegungskunst und das Spellbound Ballett aus Italien mit seiner bildgewaltigen, abwechslungsreichen Choreographie das Publikum in Begeisterungsstürme versetzt haben.