Wilgersdorf. . Im Wald steht ein Ölbohrturm. Sieht zumindest von Weitem so aus. Gebohrt wird in der Tat, aber nicht nach Öl, sondern nach Informationen: Wenige Meter weiter verläuft die Dillstrecke nach Haiger durch den Rudersdorfer Tunnel – der soll kompletterneuert und durch eine parallele Röhre erweitert werden. Dazu aber müssen die Ingenieure das Gelände erst genau kennen.

Im Wald steht ein Ölbohrturm. Sieht zumindest von Weitem so aus. Gebohrt wird in der Tat, aber nicht nach Öl, sondern nach Informationen: Wenige Meter weiter verläuft die Dillstrecke nach Haiger durch den Rudersdorfer Tunnel – der soll kompletterneuert und durch eine parallele Röhre erweitert werden. Die Ingenieure der Deutschen Bahn wollen genau Bescheid wissen über den Berg, durch den sie sich fräsen werden. Also Erkundungsbohrungen.

Der alte Tunnel

Ein Tunnel hat eine Lebenserwartung von etwa 40 Jahren, bis er saniert werden muss. Der 2,7 Kilometer lange Rudersdorfer Tunnel ist fast 100 Jahre alt, wurde kontinuierlich saniert, hat Bestandsschutz – jetzt steht eine Kompletterneuerung an. Die aktuellen Sicherheitsrichtlinien schreiben für neugebaute und runderneuerte Tunnel einen Parallelstollen als Fluchtweg vor – den der Rudersdorftunnel nicht hat. Deshalb soll langfristig ein zweiter Stollen in den Berg getrieben werden, die beiden Röhren sind dann zugleich immer auch Fluchtweg aus dem jeweils anderen. Weiterer Vorteil: Begegnungsverkehr von Großcontainerzügen wird möglich.

Die Erkundungsbohrung

Wozu bohren? Der Deutschen Bahn liegen zwar alte Pläne vor, die allerdings nur eine erste Orientierung bieten. Die Ingenieure wollen wissen, wie es im Gestein aussieht, wo läuft wie viel Wasser her, wohin fließt es ab, gibt es Hohlstellen, wo ist der Untergrund weich? Bevor sich ein Tunnelbohrer durch den Berg frisst, will die DB wissen, was sie dort erwartet und welches die beste und einfachste Strecke ist.

Links und rechts der bestehenden Tunneltrasse werden ungefähr in 100 Meter Abstand zum Tunnel Löcher gebohrt, je nach Geländetopografie 30 bis über 100 Meter tief. Zwei Bohranlagen sind parallel im Einsatz, sind die Untersuchungen an einer Stelle beendet, kommt das nächste Loch an die Reihe.

Die Messungen

Primär geht es um geophysikalische und hydrologische Untersuchungen: Das Gebirge wird bestimmt. „Wie verhalten sich Gestein und Wasser“, erklärt DB-Hydrogeologe Michael Baierl. Wasserführende Schichten, Strömungsrichtung des Grundwassers, Verlauf einer Gesteinsschicht – wenn sie fertig sind, wissen die Ingenieure, wo sich was im Berg befindet.

Zum Beispiel: Die Ingenieure wollen wissen, wie es auf 28 Metern aussieht. Bei 27 und 29 wird abgedichtet und unter einem bestimmten Druck Wasser in den Zwischenraum gepumpt. Im besten Fall senkt sich der Wasserspiegel danach und die Ingenieure können die Durchlässigkeit der Schicht in Liter pro Sekunde ermitteln. Treffen sie auf Wasser, wird abgepumpt und gemessen, wie lange es dauert, bis der alte Spiegel wieder erreicht ist. Nach und nach fügen sich die Daten zu einem Gesamtbild.

Die Bohrkerne

Eine Lagerhalle in einem Wilnsdorfer Industriegebiet. In zahllosen Kisten liegen Bohrkerne. Manche bröselig, fast Sand, andere zerklüftet oder spiegelglatt. „Man muss die Bohrtechnik aufs Gestein einstellen, anfangs zerbröselt erstmal alles“, sagt Ingenieur Heer. Im Wesentlichen besteht der Untergrund aus Sand- und Tonstein, der eine grob, der andere fein. Unter dem Mikroskop betrachtet. Feine Muster ziehen sich um die Säulen. Im Labor werden die Kerne genauestens untersucht.

Die Planungen

Ihre Ergebnisse übergeben die Ingenieure den Planern. Naturschutzgutachten werden eingeholt, unter Umständen Nachuntersuchungen in die Wege geleitet, Angebote eingeholt. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich kein Datum für eine Tunneleröffnung nennen.