Bad Berleburg. .

Brandstiftung – auf diese Weise können innerhalb kurzer Zeit größte Zerstörungen entstehen. Auf 400 000 beziehungsweise 300 000 Euro schätzen Experten allein jene Sachschäden an zwei Wohnhäusern in Elsoff, die im März und April nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei ein jugendlicher Brandstifter angerichtet hat. Für die Eigentümer stellt sich irgendwann die Frage: Wer kommt eigentlich für den Schaden auf? Dazu zehn Fragen unserer Zeitung an den Bad Berleburger Rechtsanwalt Heiner Albrecht Beitzel.

1 Generell gefragt: Wer haftet bei Brandstiftung?

Sofern er denn zweifelsfrei ermittelt ist, „natürlich erst einmal der Täter selbst“, sagt Beitzel. Das gelte insbesondere in Fällen, bei denen „der Versicherungsnehmer selbst zündelt“. Ansonsten greife für Betroffene einer Brandstiftung deren Wohngebäude- und die Hausrat-Versicherung – wie nach einem Feuer aus anderen Gründen auch.

2 Wie geht man als Jurist vor, wenn es gilt, Versicherungsansprüche seines Mandanten zu sichern?

Basis sei hier ein Brand-Gutachten, das bei Verdacht auf Brandstiftung von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben werde, erläutert Beitzel. Der Rechtsanwalt des betroffenen Haus- oder Wohnungseigentümers lasse sich dann die Strafakte samt Gutachten kommen. Zugleich prüfe die Versicherung in solchen Fällen genau, ob und wo der Vertrag die Zahlung von Versicherungsleistungen ausschließe.

3 Ist Brandstiftung so ein Ausschluss-Kriterium?

Durchaus nicht, sagt Rechtsanwalt Beitzel. Denn in der Regel umfasse zum Beispiel der Schutz einer verbundenen Wohngebäudeversicherung eben auch den Fall einer Brandstiftung – sofern „das Risiko Feuerschaden“ ausdrücklich mitversichert sei.


4 Und wie sieht es mit verbranntem Inventar aus?

Hier greift laut Beitzel üblicherweise die Hausrat-Versicherung. Dabei sei in Mehrfamilien-Häusern übrigens jeder einzelne betroffene Wohnungseigentümer selbst aufgefordert, seinen Versicherungsschutz zu überprüfen – und Leistungen für beschädigtes oder zerstörtes Mobiliar bei seiner eigenen Versicherung geltend zu machen.

5 Wie sieht der Fall aus, wenn der Brandstifter noch minderjährig ist?

Kinder bis zu einem Alter von sieben Jahren hafteten grundsätzlich nicht für einen von ihnen selbst verursachten Schaden, so der Rechtsanwalt – etwa beim Spielen mit Streichhölzern. Hintergrund: Eltern können nicht immer und überall die Augen auf ihre Kinder haben. Kinder, die älter sind, haften selbst, allerdings nur im Rahmen ihrer Einsichtsfähigkeit. Die Eltern haften, wenn ihnen ein Aufsichtsverschulden nachgewiesen werden könne, so Beitzel. Im Falle von Brandstiftung Minderjähriger zum Beispiel ist ferner zu prüfen, ob die Kinder bereits früher auffällig geworden sind und ob entsprechende Neigungen bestehen.

6 Wann greift eine private Haftpflicht-Versicherung?

Hilfreich könne eine Privat-Haftpflicht sein, so Beitzel, wenn die Versicherung den Täter in Regress nimmt oder der Geschädigte selbst einen Anspruch gegenüber dem Schädiger geltend mache. Die Haftpflicht zahle aber nicht, wenn vorsätzliche oder grobe Fahrlässigkeit im Spiel ist. Grob fahrlässig handle zum Beispiel, wer in einer Scheune raucht – und den Zigarettenstummel anschließend ins Stroh schnippt. Übrigens: Für die eigene Firma benötige ein Unternehmer eine separate Haftpflicht-Versicherung, betont Beitzel.

7 Wann bleibt für Betroffene eines Schadens durch Brandstiftung womöglich nur der Weg in die Privat-Insolvenz?

Das könne dann leicht „an die Substanz gehen“, so der Rechtsanwalt, wenn die Versicherung zum Beispiel den entstandenen Feuer-Schaden aus bestimmten Gründen nicht zahle – und der betroffene Eigentümer „keine finanziellen Reserven“ mehr habe. Beispiel: Das Haus ist vollkommen abgebrannt, war aber noch mit Hypotheken belastet. Außerdem müssen die nun obdachlosen Bewohner eine Ersatzwohnung oder Hotelzimmer anmieten – und darüber hinaus ein Lager für noch verwendbare Möbel.

8 Wann kann die Versicherung den ermittelten Brandstifter in Regress nehmen?

Die Versicherung kann sich Schadenssummen immer vom Täter zurückholen - auch per Zwangsvollstreckung. Das aber setze etwa ein rechtskräftiges Urteil oder auch einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid voraus, nach denen 30 Jahre ab Rechtskraft vorgegangen werden könne.

Dabei sei vieles pfändbar – bis hin zum Gehalt oberhalb einer Grenze von rund 1100 Euro bei Ledigen. „Der Mensch lebt dann hart am Existenzminimum“, so der Anwalt. Nicht selten versuchten solche Menschen, sich durch Schwarzarbeit oder wechselnde Arbeitsplätze den Zahlungsverpflichtungen zu entziehen. Für die Versicherungen sei erfahrungsgemäß auf diesem Wege nur ein Bruchteil der Schadenssumme rückholbar, so Beitzel.

9 Wann wird die Brandstiftung zum Versicherungsbetrug?

Schon wenn etwa der Eigentümer eines Gebäudes selbst das Feuer lege, mache er sich grundsätzlich strafbar, so Anwalt Beitzel. Zur schweren Brandstiftung und damit zum Verbrechen werde der Fall, wenn das Haus während der Brandlegung auch noch bewohnt sei. Versuchter Betrug werde es dann, wenn dieser Eigentümer dann auch noch Leistungen bei seiner Versicherung einfordere. Der sogenannte „warme Abriss“ etwa für schwer verkäufliche Objekte sei ein typischer Hintergrund – nicht zuletzt mit dem Ziel, nicht den wirklichen Wert des Gebäudes, sondern seinen Neuwert erstattet zu bekommen.

10 Was geschieht bei ungeklärter Brandursache?

Dann könne es sein, so Beitzel, dass der Versicherte mitunter jahrelang dem Geld der Versicherung hinterherlaufe – womöglich in den Ruin hinein. An dieser Stelle komme es oft zu gerichtlichen Ausein­andersetzungen, weiß der Anwalt aus Erfahrung. Im übrigen liegt die Beweispflicht für den Leistungsausschluss bei der Versicherung.