Siegen-Wittgenstein. .

Kaan-Marienborn bekommt vorerst keinen eigenen Bahnhaltepunkt. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens für eine um die 600 000 Euro teure Investition , das Günter Padt, Geschäftsführer des Zweckverbandes Personennahverkehr (ZWS), jetzt der ZWS-Verbandsversammlung vorgestellt hat. 200 Ein- und Aussteiger täglich wären an dem Haltepunkt zu erwarten, der an der Bahnüberführung im Zuge der Lothar-Irle-Straße eingerichtet würde, allerdings nur 60 Neukunden. „Es bringt aber nichts, wenn ich die Fahrgäste aus den Bussen heraushole“, sagt Padt.

14 Minuten braucht der Bus von Kaan nach Siegen, nur fünf Minuten der Zug — allerdings: Der Haltepunkt liegt 400 Meter von der Ortsmitte entfernt und auch zu weit weg von dem Werksgelände von Gontermann Peipers, deren Beschäftigte die Bushaltestele an der Irle-Brauerei auf kürzerem Weg erreichen. Als Fahrgäste in Frage kommen allerdings 78 der 260 Fahrschüler der Freien christlichen Hauptschule, für die sich der Schulweg mit der Bahn um etwa zehn Minuten verkürzen könnte; sie reisen — bis auf zwei — alle aus Richtung Siegen an, wo sie mit der Bahn aus dem nördlichen Siegerland eintreffen.

Neuer Bedarf am alten Bahnhof?

Untersucht wurde, ob Kaan-Marienborn die Station für Pendler von und nach Siegen werden könnte, die dort vom Auto in die Bahn umsteigen. Abgesehen davon, dass dazu erst ein Parkplatzgelände gekauft werden müsste, liege der Ortsteil zu nah an der Kernstadt. Aber auch das Angebot stimmt nicht: Wer zur Nachtschicht kommt oder von der Spätschicht nach Hause fahren will, bekommt keinen Zug. Genau 15 Fahrten der Regionalbahnlinie 95 kämen täglich hinzu. Diese konkurrieren mit 77 Busverbindungen in die Innenstadt und 23 nach Rudersdorf — wobei auch der Rudersdorfer Bahnhof den Nachteil hat, dass er am Ortsrand liegt. Geprüft wurde sogar, ob Fahrgäste aus Richtung Dillenburg in Richtung Deuz gut in Kaan umsteigen könnten. Können sie nicht, finden die Berater der Erndtebrücker Gesellschaft „ederlog“: Der Bus von Rudersdorf nach Hainchen ist besser, „bei einem realen Verkehrsbedürfnis wäre dieser Variante der Vorzug zu geben“.

Weitere mögliche Haltepunkte werden geprüft

„Nacheinander abarbeiten“ werde der ZWS die weiteren Standorte für neue Bahnstationen, die im Nahverkehrsplan genannt sind, kündigt Günter Padt an. Nachdem Niederlaasphe bereits in Betrieb ist, stehen Untersuchungen für Bad Laasphe-Kurpark, Nieder­dielfen, Buschhütten und Kreuztal-Mitte aus.

Wegen des engen Fahrplantakts wird Buschhütten, wo auch früher einmal Bahnsteige waren, nur für die Ruhr-Sieg-Bahn, nicht aber für die Rothaarbahn als Haltepunkt in Frage kommen.

Skeptisch bewertet Padt die Chancen für eine Bahnstation Kreuztal-Mitte. „Der Bahnhof ist relativ nah.“ Und der hat neue Bushaltestellen, Park- und Fahrradstellplätzen und ist über den Heugraben-Park nun auch gut an die Innenstadt angebunden.

Ganz zu den Akten legen mochte die Verbandsversammlung das Thema nicht. Vielleicht wäre ein anderer Standort für den Heltepunkt besser, sagte Bernd Ferger (CDU) und wies unter anderem auf die großen Gewerbebetriebe im Weißtal hin. „Wenn wir den ÖPNV fördern wollen, müssen wir auch ein Angebot machen.“ Fergers Behauptung, der frühere Bahnhof Siegen-Ost sei gut genutzt gewesen, widersprach Günter Padt: 70 Fahrgäste täglich seien dort zuletzt gezählt worden. „Ich kenne den Haltepunkt sehr gut, weil ich ihn selbst zugemacht habe“, berichtete der ZWS-Geschäftsführer aus den frühen 1990er Jahren, als er noch bei der Deutschen Bahn Streckenmanager für Westfalen-Süd war. Aufgreifen will der ZWS aber die Anregung der Gutachter, einen Haltepunkt im Bereich des ehemaligen Bahnhofs anzulegen. Dort befinden sich Brachflächen, die Platz für ein neues Wohnviertel bieten. Landrat Paul Breuer schlug vor, die Stadt Siegen einzubeziehen und nach ihren Plänen für das Quartier zu fragen — womöglich bekommt der Bahnhaltepunkt dann doch noch eine Chance.