Siegen. . Siegen gehört zwar zu Deutschlands grünsten Großstädten – in der Innenstadt ist davon aber nach Überzeugung der Verwaltung zu wenig zu spüren. Das Grünflächenkonzept soll Abhilfe schaffen und bündelt auf rund 100 Seiten Geschichtliches, Gegenwärtiges und Zukünftiges in Sachen Stadtgrün. Klar ist: Es braucht einen langen Atem.

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, und 50 Prozent Waldanteil machen eine Stadt noch nicht grün – zumindest nicht durchgehend. Für das Zentrum geht die Verwaltung von deutlichen Defiziten aus, die mit dem Grünflächenkonzept „Grün kommt an“ abgebaut werden sollen. Bauaussschuss und Bezirksausschuss Mitte werden sich am Dienstag damit befassen.

Grüne Geschichte

Gab es früher noch den Bürgerpark an der Eintracht, einen Park am Herrengarten, den Mühlenteich am Fuß des Siegbergs und diverse Alleen Richtung Stadtmitte, so gibt es dort jetzt optische Preziosen wie die Siegerlandhalle, Einkaufszentren, flora-freie Straßen und viel versiegelte Fläche. Spätestens im Zuge der Industrialisierung sei Siedlungs- und Gewerbeflächen Priorität eingeräumt worden, ist dem Konzept zu entnehmen – und „als Industriestadt geprägt“ sei Siegen auch später „stiefmütterlich mit den grünen Ressourcen umgegangen“. Die Quittung gab es bei der Bürgerbefragung „Lebensqualität in Siegen“ im Jahr 2009, wie es in der Vorlage heißt. Während die Menschen den Landschafts- und Erholungsraum rund um die Stadt schätzten, würden sie „Grün in ihrer Stadt vermissen“. Der Rat beschloss im Mai 2009 die Erarbeitung des Grünflächenkonzepts. Dabei geht es nicht nur um Verschönerung, sondern auch um Luftqualität, Lärmschutz oder Artenvielfalt.

Graue Gegenwart

In der Innenstadt gebe es „fünf größere öffentliche Park- und Grünanlagen“, ist im Konzept ausgeführt. Mag der Schlosspark unumstritten sein und der Bertramsplatz nach seiner Umgestaltung punkten können, so stimmt der Rest der Liste durchaus nachdenklich: das Weiß-Flick’sche Grundstück, der Bereich um die Martinikirche und die Freiflächen um die Siegerlandhalle. Sieg, Weiß und Alche rauschen weitgehend vernachlässigt durch die Stadt, Abschnitte wie der Siegberghang, am Effertsufer oder rund um das Obere Schloss dümpeln als so genannte nicht qualifizierte Grünflächen vor sich hin. Wege durch Naturbereiche gibt es zwar, aber diese seien oft als „Angsträume“ belegt und kaum genutzt.

Bunte Vision

Einerseits soll es nun darum gehen, bestehende Grünflächen aufzuwerten. Anderseits ist die Entwicklung neuer Bereiche vorgesehen. Um die Oberstadt soll ein „grüner Ring“ entstehen: ein Rundweg, der Grün- und Freiflächen miteinander verbindet und als Ausgangspunkt für Ausbau und Aufwertung des weiteren Wegenetzes dient. Insgesamt sind 52 Maßnahmen zusammengestellt, für die es aber langen Atem braucht. Die Umsetzung des Konzepts ist auf 20 Jahre angelegt. Dann sollen diverse Hauptstraßen wieder mit Alleebäumen bepflanzt sein, sollen sich Themenwege durch die Stadt schlängeln und Flussufer aufgehübscht sein.

Arbeitsintensive Zukunft

Eine Arbeitsgruppe „Innerstädtisches Grünflächenkonzept“ hat Prioritäten vergeben. Die Umgestaltung des Weiß-Flick’schen Grundstücks zum „Oranienpark“ steht bei den Flächen auf Platz 1, gefolgt vom weitgehend abgeschlossenen Projekt Bertramsplatz, der Fissmer-Anlage, den Grünbereichen um die Siegerlandhalle und dem Hof der ehemaligen Hammerhütter Schule. Bei den „Verbindungen“ liegt der Fußweg von der Juliusstraße Richtung Oberstadt einschließlich neuem Weg entlang des Siegberghangs vorne, gefolgt vom Sieguferweg gegenüber Apollo, einem Themenweg an der Stadtmauer, einem Fußweg an der Weiß und einem Weg „Am Schlag“ (unterhalb des Großen Krebses). Jährlich sollen im Haushalt 100 000 Euro für Projekte des Konzepts bereitgestellt werden. Eine Einschränkung gibt es aber: Alles „im Rahmen der finanziellen und personellen Möglichkeiten“.