Siegen. . Im Prozess gegen den ehemaligen Arge-Beschäftigten, der in seinem Büro im Hilchenbacher Rathaus mehr von sich gezeigt haben soll, als gemeinhin üblich ist und akzeptiert wird, sagte am Mittwoch ein weiteres mutmaßliches Opfer aus.

Die Verwaltungsangestellte, die sich nur wenige Türen weiter um die Belange Bedürftiger kümmert, soll der 48-Jährige Anfang 2009 in ihrem Rathaus-Büro mit seinem entblößten Genital überrascht haben. Die öffentlich Bedienstete ist damit das dritte angebliche Exhibitionismus-Opfer, das vor dem Landgericht seine Vorwürfe bekräftigte.

Staatsanwalt Markus Rau legt dem Beschuldigten zudem zur Last, seine Hose im Frühjahr 2009 vor einer heute 56-Jährigen herunter gelassen und seinen erigierten Penis inklusive Piercing gezeigt zu haben. Eine inzwischen 27-jährige arbeitslose Kinderpflegerin soll laut Anklage zwischen Ende 2009 und Februar 2010 eine Begegnung der ähnlich unerfreulichen Art mit dem ehemaligen Arge-Mann gehabt haben. Sie tritt im Verfahren zudem als Nebenklägerin auf (wir berichteten). Sie will ihren Geburtstag feiern, sagt die Verwaltungsangestellte am Mittwoch aus: Mit Kollegen, in ihrem Büro.

Die Mitarbeiter gratulieren, wünschen alles Gute. Kurz nach Dienstschluss kommt auch der Angeklagte ins Amtszimmer, um Happy Birthday zu sagen. Die beiden sind allein, sie räumt die Reste der Häppchen zusammen. „Ich drehe mich um, da hat er die Hose auf.“

Plumper Annäherungsversuch

Sie interpretiert den entblößten Penis als plumpen Annäherungsversuch. „Ich sagte, ‘pack ihn wieder ein, ich habe kein Interesse’“, schilderte sie Richter Wolfgang Münker die unschicklichen Vorkommnisse. „Irgendwann ist er dann gegangen.“ Danach ist die Sache für sie erledigt. Sie wollte ihm keine Probleme machen, „schließlich hat er Frau und Kinder“. Eigentlich fand sie es „lächerlich, wie man sich so benehmen kann“. Von einer Strafanzeige will sie da noch nichts wissen. Erst als der Prozess im Herbst vergangenen Jahres seinen ersten Anlauf nimmt und sie davon in der Zeitung liest, erzählt sie der Gleichstellungsbeauftragten von den Dingen, die sich gut viereinhalb Jahre zuvor im Hilchenbacher Rathaus zugetragen haben sollen.

Die Sache kommt ins Rollen. Dezernenten, Fachbereichsleiter und Bürgermeister sollen ihr nahe gelegt haben, zur Polizei zu gehen. Ohne die Ratschläge der Offiziellen hätte sie den Beamten nichts gesagt, betont sie. Seit 2008 ist die Verwaltungsangestellte in psychotherapeutischer Behandlung, zitiert Verteidiger Andreas Trode ein ärztliches Attest. Inwiefern sie glaubwürdig ist, will der Jurist von einem Sachverständigen untersuchen lassen. Ob sich das mutmaßliche Opfer darauf einlässt, teilt das Gericht am heutigen Donnerstag mit.

Ehefrau im Zeugenstand

In den Zeugenstand tritt auch die 45-jährige Ehefrau des Angeklagten. Sie hat den Prozess bisher im Zuschauerraum verfolgt und ebenso wenig Regung gezeigt wie ihr Mann. Allerdings macht sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und sagt nicht aus. Der Prozess wird heute um 13 Uhr fortgesetzt.