Siegen. . In der Verhandlung um den mutmaßlichen Hilchenbacher Exhibitionisten spricht eine Sachverständige. Die Expertin hält die junge Frau, nach deren Aussagen sich ihr der ehemalige Arge-Mitarbeiter in seinem Büro nackt gezeigt haben soll, für glaubwürdig. Der Verteidiger des Beschuldigten hakt immer wieder nach.

Ob die Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen seinen Mandanten nicht erfunden sein könnten, wollte der Rechtsanwalt des ehemaligen Hilchenbacher Arge-Mitarbeiters am Donnerstag von der Sachverständigen wissen. Diese hatte vor dem Landgericht die Ergebnisse ihrer Untersuchung des jüngeren Opfers vorgestellt – und hält die Angaben der heute 27-Jährigen grundsätzlich für glaubwürdig.

Die junge Frau hatte ausgesagt, der Angeklagte habe sich ihr zwischen Ende 2009 und 2010 in seinem Büro im Hilchenbacher Rathaus nackt gezeigt. Während der Hauptverhandlung hatte sie noch von unerwünschtem Oralverkehr gesprochen.

Nicht nur einzelne Aspekte

Letzteres lasse sich „nicht mit gleicher Sicherheit wie der Rest der Aussage werten“, so die Expertin. Selbst, falls dieses Detail nicht dem entsprechen sollte, was sich im Büro des 48-jährigen Angeklagten zugetragen hat, „wären die restlichen Aussageteile nicht infrage zu stellen“. Der Verteidiger aber hakte nach, fragte nach den konkreten psychologischen Tests zu Zuverlässigkeit und Realitätswahrnehmung der 27-Jährigen, ließ sogar Skepsis an der Verlässlichkeit der angewandten Verfahren anklingen.

Ob es nicht sein könne, dass die Frau „nur durch minikleine Tatsachen, die sie auf eine Situation aufsetzt, die sie sowieso kennt“, eine Geschichte konstruiere, wollte der Verteidiger wissen. Immerhin sei die Arge-Kundin mehrfach bei seinem Mandanten gewesen – „der sich, ich will es mal in aller Vorsicht sagen, möglicherweise manchmal grenzwertig verhält“, wie der Anwalt es formulierte. Würden dazu nicht auch die Erinnerungslücken passen, fragte er weiter: „Sie erinnert sich nicht, weil sie’s erfunden hat?“

Die Sachverständige ließ sich nicht beirren: „Es geht nicht nur um die Nennung von einzelnen Aspekten“, betonte sie. Es gehe um die Schilderung eines Gesamtzusammenhangs. Und Erinnerungslücken seien nicht ungewöhnlich, immerhin seien die betreffenden Tage mehrere Jahre her.

Noch länger zurück liegen die Geschehnisse, derentwegen eine ehemalige Kundin der Arge Hilchenbach aus Duisburg als Zeugin anreiste. Der Angeklagte sei damals für sie zuständig gewesen. „Ich habe mich immer sehr gut mit ihm verstanden. Er hat zugehört und mich gut beraten“, erzählte die heute 28-Jährige. „Bis das mit den Piercings kam....“

Ihrer Erinnerung nach sei das Thema im Zeitraum 2006/2007 zur Sprache gekommen. Damals habe sie ein Piercing im Gesicht gehabt. Der Angeklagte habe zu ihr gesagt, „er könnte sich vorstellen, wo ich noch Piercings hätte“. Sie habe sich angegriffen gefühlt. „Wenn ich nun so drüber nachdenke: Vielleicht war es auch nur ein lockeres Gespräch, das ich mir zu sehr zu Herzen genommen habe.“ Ansonsten habe sie mit dem Beschuldigten „nichts Schlimmes erlebt“. Später sei sie zu einer anderen Sachbearbeiterin gewechselt.

Zeugin erinnert sich nicht

Richter Wolfgang Münker konfrontierte die Zeugin mit der Aussage, die sie früher bei der Polizei gemacht hatte. Damals habe sie berichtet, zu der unangemessenen Äußerung sei es im Jahr 2008 gekommen – und der Angeklagte habe sie gefragt, ob sie im Brust oder Intimbereich gepierct sei. Daran vermochte die junge Frau sich nun nicht mehr zu erinnern.

Der Prozess wird am 5. März, 9 Uhr, fortgesetzt.