Siegen. . Viele Siegerländer Kleinkunst- und Comedy-Liebhaber waren gekommen, um Ursel, Artur, Steigerlilly und Herrn Genähr bei ihrem 20-jährigen Jubiläumsprogramm zu genießen und dabei herzhaft und laut zu lachen.
Was beim ersten Lesen des Programmtitels wie eine doppelte grammatische Fehlleistung klingt, entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als das, was gemeint ist: eine typisch siegerländische, sehr kurze aber genaue Beschreibung dessen, was am Tag nach Weihnachten in zweieinhalb Stunden im kleinen Lyz-Theater geschah.
Und dann erschien sie auch, Christa Weigand als Artur, dem Schlaumeier und Knurzkopp. Schon bekamen einige ihr Fett weg. Über einen bekannten Siegerländer Koch:„Jede Broadduffel wird so lang met heißer Loft obgepombt, bes se als Rubensduffel durchgehrt.“ Oder „Buffalo“ Breuer:„Seine Internetadresse: www = wisent welt wittgenstein.“ Artur ist penibel, wenn es um die Sauberkeit seines Grundstücks geht. Ungeziefer rückt er mit dem Laubsauger zu Leibe und da darf ruhig einmal aus einem Regenwurm ein Bandwurm werden oder ein Igel in Münkers Apfelbaum nebenan fliegen. „Na Erika, hässte ne neje Sorte em Garde?“ Artur lebt kulturfern. Als seine musikalische Offenbarung empfindet er Baustellengeräusche.
Männertour zu Beate
Köstlich entlarvend: Eine „Männertour zu Beate“, wo Artur über die Prothesenabteilung staunt, Handschellen zur Verbrechensbekämpfung bewundert und für seinen Nachbarn eine „aufblasbare Schwimmhilfe“ kauft.
Und immer wieder kommt Ursel, Christa Weigands älteste und gereifteste Rolle. Diesmal möchte sie bei Herrn Genähr einziehen, mit Tanzteppich. „Ein echter Schwerdfeger!“ Doch Ursel ist ihm zu lebhaft. „Ich hab nicht mal einen Garten, wo ich dich mal raussetzen könnte, so zwischen die Geranien.“ Ursel liebt beim Tanzen besonders den Tango. Erste Erfahrungen hat sie als Double von Josefine Baker (die mit dem Bananenröckchen!) auf dem Dorfgemeinschaftsfest in Obersetzen gesammelt. In schlechter Erinnerung ist ihr Freundin Margret, die sie wegen Männermangels in ihren Tangokurs mitgenommen hatte. Doch die führte zu unsensibel. Das kann Herr Genähr besser: „Ich bin nicht einfach rumzukriegen, mir reicht’s, die Ursel krumm zu biegen.“
Griechen-EM-Elf: Elf –idis, ein Otto
Erstaunlich Ursels Gedächtnis. Sie kennt noch die Aufstellung der griechischen Europameister-Mannschaft im Fußball: „Elfmal –idis, einmal Otto,“ und weiß alle Propheten der Bibel auswendig. Das kann sie gut in Geisweid gebrauchen, denn dort hängen überall „bekehrende Plakate“: Jesus klebt! Dazu das passende Lied von Bernd Michael Genähr: „Bekehr dich und wehr dich!“
Herr Genähr ist im Vergleich zu Artur und Ursel der zugereiste, inzwischen aber angekommene Kulturbürger, ein Wortkünstler und origineller Texter seiner eigenen Songs. So beim „Schnuselkissen-Blues“ (Da wo ich mein Kissen hinleg, ist meine Heimat.), dem Lied der sexuellen Befreiung im Siegerland „Macht euch frei!“ und vor allem dem mehrsprachigen Willkommenslied für die Sieg, nachdem die Platte nach 43 Jahren endlich entfernt wurde. „The river is coming back, viel zu lange war er weg.“ Aber: „Ich hab so gerne dort geparkt, no parking, no cars, das wars!“ Wortkunst pur, schräg, einfallsreich, skurril und frei nach Goethe: das neue Schweigen des jungen Schweh. „Schweigend schwärm ich in Schwärmereien. Schwer ist’s, bei dir nicht schwach zu schwerden, Schwarlotte!“
Am Ende des in jeder Sekunde spritzigen, das Publikum unterhaltenden und amüsierenden Programms das, worauf Weigand und Genähr-Kenner gewartet haben. Zur Titanic–Untergangsmusik Ursels Aufforderung: „Herr Genähr, mach mir die Reling.“
Das Programm – eine Teamarbeit
Zu Christa Weigand und Bernd Michael Genähr und ihrer 20-jährigen Zusammenarbeit ist fast alles gesagt. Zum Team, das ein Programm auf diesem Niveau ermöglichte, noch nichts. Karl Parchows „Schlagfertigkeit“ garantiert schon lange den richtigen Rhythmus und Takt bei den vielen Songs. Erstmals dabei: Multitalent und Adriano-Celentano-Fan Giuseppe Todaro (übrigens den ganzen Dezember hindurch im Apollo-Kinderstück „Die verzauberten Brüder“ als Hund zu bewundern) an den Tasteninstrumenten. Und seit vielen Jahren schon sorgt Ralf Derichs dafür, dass Weigand-und-Genähr–Programme perfekt ausgesteuert und hervorragend ausgeleuchtet werden.