Siegen. . Die Politiker in Siegen haben über den neuen Entwurf für den Hörsaal-Anbau am Unteren Schloss entschieden. Ein modifizierter Entwurf der Quast-Architekten macht das Rennen, weil er unter anderem 400.000 Euro günstiger ist und sonst vielleicht das ganze Projekt in Frage stünde.

Der Campus Altstadt und die maroden Stadtfinanzen waren die bestimmenden Themen der Ratssitzung am Mittwochnachmittag. Während das eine Projekt den Weg in eine hoffnungsvolle Zukunft zeigen soll, lässt der Aspekt Geld lediglich den Blick in den sprichwörtlichen Abgrund zu.

Haushalt

Als das Feuerwerk anlässlich der Eröffnung der Oberstadtbrücke in der Luft explodierte, war Kämmerer Reinhold Baumeister alles andere als zum Feiern zumute. Exakt nach der ersten Detonation, so schilderte er am Mittwoch im Rat, stiegen die städtischen Kassenkredite auf über 200 Millionen Euro – erstmals. „Eine Schallmauer war durchbrochen“, sagte er und blieb damit im Bild. Der Kämmerer als Spaßbremse, wie er selbst anmerkte. Zehn Millionen Euro wurden am Kapitalmarkt besorgt, „um damit die Zahlungsfähigkeit der Stadtkasse für die kommenden Wochen zu sichern“. Von den ursprünglichen Plänen, 2017 den Haushaltsausgleich zu schaffen war da schon längst keine Rede mehr. Drastische Gewerbesteuerausfälle – im Vergleich zu 2012 kalkuliert die Kämmerei inzwischen mit einem Minus von 20 Millionen – ließen dieses Vorhaben schon vor Wochen zur Vision werden.

Der Ausgleich ist nun für 2020 anvisiert. Allerdings auch unter Vorbehalten. Das Wort vom „Lesen in der Kristallkugel“ machte die Runde. Nicht zuletzt die Höhe der Kreisumlage, die der Kreistag am Freitag festsetzt, spiele beim Erreichen dieses Ziels eine Rolle. 54 Millionen Euro hat die Kämmerei für 2014 zunächst veranschlagt. „Mit der Kreisumlage wird alleine unsere Gewerbesteuereinnahmeerwartung von 53 Millionen Euro mehr als aufgezehrt“, betonte Baumeister. Bürgermeister Steffen Mues setzt auf „Sparen und ausgewogenes Investieren“. Und widersprach damit zumindest in Teilen einem Bürgermeisterkollegen, der Sparen nicht für sexy hält. Entscheidend werde zudem das rund 33 Millionen Euro schwere Konsolidierungsprogramm sein, das eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe erdachte (wir berichteten).

So wurde der neue Plan für den Karstadt-Anbau beschlossen  

Campus Altstadt

Die Planungen gehen voran. Das bedeutet jedoch nicht, dass im Ratssaal am Mittwoch ausschließlich glückliche Gesichter zu sehen gewesen wären. Zwar winkte das Gremium die neuen Pläne des Investors in Sachen Karstadt-Anbau bei zwei Gegenstimmen (Grüne) und einigen Enthaltungen aus den Reihen von SPD und Linke durch. Dennoch gab es in Teilen harsche Kritik insbesondere am Vorgehen von Verwaltung und Investor. Nachdem der Entwurf des Wettbewerbssiegers Jordi&Keller unter anderem als zu teuer zurückgewiesen worden war – die Mehrkosten würden mindestens 400 000 Euro betragen – legten die Investoren um Reinhard Quast einen modifizierten Plan vor. In den Augen von Stadtbaurat Michael Stojan eine „Weiterentwicklung“.

Allerdings lag die entsprechende Verwaltungsvorlage den Fraktionen erst am Mittwochmorgen vor. Angeschnitten wurde das Thema im nicht-öffentlichen Teil der Bauausschusssitzung am Dienstagabend. Für viele zu wenig Zeit, um sich damit in ausreichendem Maß auseinander zu setzen. Zudem seien Gestaltungsvorschläge seitens der Politik nicht berücksichtigt worden, klagte etwa Joachim Boller (Grüne): „Die Art und Weise, wie mit uns umgegangen wird, ist unerträglich.“ Martin Gräbener (Linke) sprach von „Verschleierungstaktik“. Detlef Rujanski (SPD) erklärte, „ein solches Verfahren machen wir nicht mehr mit“.

Die CDU-Fraktion ist am Montagabend im Zuge eines Informationsbesuchs von Michael Stojan über die neuen Entwicklungen in Kenntnis gesetzt worden. Der Stadtbaurat gab zu, dass das Vorgehen insgesamt „nicht wünschenswert“ sei. Aber die Verwaltung selbst habe nur drei Werktage gehabt, um die Vorlage zu bearbeiten: Im März soll Baubeginn sein und im kommenden Jahr, zum Wintersemester, sollen Studenten in den beiden Hörsälen sitzen.