Kaan-Marienborn. . Tobias und Daniel Müller erfinden und programmieren Computerspiele für Kinder und Familien. Und das bereits seit 1995. Für ihre neueste Erfindung retten die Brüder aus Siegen das Weihnachtsfest. Für das Spieleprojekt suchen sie aber noch Unterstützung.

Ah, Ballerspiele. Wenn Daniel und Tobias Müller erzählen, dass sie Computerspiele erfinden, ist das eine häufige Reaktion. Aber das trifft es so gar nicht, was die Brüder seit Mitte der 90er Jahre entwickeln. Es sei denn, man zählt auch „mit Möhrchen auf Schneemänner zielen“ dazu. Ein Geschicklichkeitsspiel in ihrem virtuellen Adventskalender, der bald auf den Markt kommen soll (mehr dazu in der Box). Müllers Firma Outline Development hat sich auf Spiele für Familien und kleinere Kinder spezialisiert.

Rote Plüschgiraffe

Tobias Müller (43) gründete die Firma im Jahr 1995. Von Computern ist er schon immer fasziniert. Der erste, ein Apple II aus dem Jahr 1979, hat einen Ehrenplatz im Entwicklerstudio in Kaan-Marienborn. Vater Müller, ein Elektroingenieur, gab das Faible für Technik an seine Jungs weiter. Tüfteln ist Teil der Kindheit. Spielen auch. Scotland Yard, das verrückte Labyrinth und Café International gehörten zu dem Lieblingspielen und türmen sich nun mit vielen weiteren Brett- und Kartenspielen wandhoch im Besprechungsraum. Davor steht eine riesige rote Plüschgiraffe mit gelben Punkten. Auch so ein Spiel, das die beiden entwickelt haben. Die Kinder mussten der Giraffe dabei helfen, ihre Punkte wieder zu finden. Sie ist ein Geschenk des bekannten Stofftierchen-Herstellers Walter Steinbeck, mit dem die Brüder aus Siegen kooperierten.

Vier Pfennig verdient

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Für Steinbeck designte Müller ein Spiel mit den Plüschmäusen Karlchen und Karoline, einer der ersten Erfolge. Den Kontakt stellte damals der Siegener Udo Richstein her. Der Geschenkeladenbesitzer aus Siegen hatte Tobias Müller und seinen Vater damals dafür engagiert ein elektronisches Schaufenster zu installieren. Per Berührung der Scheibe konnten die Kunden dann kleinere Dinge steuern. Licht an, Licht aus, Kaffeemaschine an, solche Dinge. „Heute in der Zeit der Smartphones ist das ja nichts Besonderes mehr, aber damals war das wirklich ungewöhnlich“, erinnert sich Tobias Müller. Richstein war begeistert und empfahl die Müllers an Steinbeck weiter.

Und so kam eines zum anderen. „Ein Spiel war der Türöffner für das nächste“, erinnert sich Tobias Müller. Ein Adventskalender war das zweite Produkt. In einer Stückzahl von 300 000 lag die CD-Rom im Jahr 2000 in den Aldi-Filialen. Sieben Mark kostete die Multimedia-Box. Bei Outline Development kamen pro Verkauf vier Pfennig an. Am meisten verdiente der Discounter und der zwischengeschaltete Verlag. Dennoch kam ein wenig Kapital zusammen, um die Lizenz für das Computerspiel Café International – das Spiel des Jahres 1989 – zu kaufen. „Ein Klassiker, der immer noch gut läuft“, sagt Tobias Müller. Mittlerweile ist das Spiel in neun Sprachen veröffentlicht worden.

Vier bis sechs Spiele bringt Outline Development pro Jahr auf den Markt – darunter bekannte Spiele, die sie quasi für den Computer umsetzen, eigene Erfindungen wie das Gehirnjogging, aber auch Überarbeitungen, um die Spiele zum Beispiel für neue Windows-Versionen oder Smartphones fit zu machen. Zu den bekanntesten Spielen gehören Urmel – das Partyspiel (gesprochen übrigens von der Nemo-Synchronstimme) und Frag doch mal ... die Maus. Für beide gab es den Deutschen Entwicklerpreis. Nur zwei von vielen weiteren Awards, die ihren Platz in der Vitrine neben der Stoffgiraffe haben.

Förderung der Filmstiftung NRW

Daniel (32) und Tobias Müller (43) von Outline Development in Kaan-Marienborn.
Daniel (32) und Tobias Müller (43) von Outline Development in Kaan-Marienborn. © WP

Die neueste Förderung kommt von der Filmstiftung NRW. 10 000 Euro erhalten die Brüder Müller für die Umsetzung eines echten Kartenspiels, das mit dem iPad kombiniert gespielt wird – analog und digital, gestern und heute in einem Spiel. Vielleicht ein neuer Trend? „Das kann man nie so genau vorher sagen“, sagt Tobias Müller. Auf jeden Fall ist die Reichweite bis heute enorm groß: Inklusive Gratis-Spielen als Beilage in Computerzeitschriften oder Apps schätzen die Brüder, dass schon knapp 20 Millionen Menschen ihre Spiele gespielt haben.

Und selbst? „Klar, spiele ich auch heute noch gern. Aber wenn man den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzt, wird das weniger“, sagt Daniel Müller und lacht. Dass sie damit aber irgendwann einmal ihren Lebensunterhalt verdienen werden, hätten sie beide nie gedacht.