Netphen. . Die Carsharing-Branche boomt. Dazu sind die Fahrzeuge mit entsprechende Technik ausgestattet und der Weltmarktführer für diese Systeme sitzt in Netphen: 40.000 Fahrzeuge in 18 Ländern – von China bis Brasilien – fahren mit Software der Firma Invers.

Die Carsharing-Branche boomt. Gerade in Großstädten verzichten immer mehr Menschen aufs eigene Auto und leihen es sich bei Bedarf einfach. Als Kunde sucht man per Handy-App das nächste freie Auto, geht hin und fährt los. Dazu sind die Fahrzeuge mit entsprechende Technik ausgestattet und der Weltmarktführer für diese Systeme sitzt in Netphen: 40.000 Fahrzeuge in 18 Ländern – von China bis Brasilien – fahren mit Software der Firma Invers.

Carsharing im Siegerland

Ausgerechnet am Stammsitz gibt es kein Carsharing. „Wir versuchen es seit Jahren“, bedauert Co-Geschäftsführer Alexander Kirn. Der einfache Grund: Faktor Nummer eins für wirtschaftlichen Carsharing-Betrieb ist eine gewisse Bevölkerungsdichte – die Siegen samt Umland nicht hat. Erschwerend hinzu kommt die hügelige Topografie: Wenn man zum nächsten freien Wagen einen steilen Hang hinauflaufen muss, ist das Angebot wenig attraktiv.

Ein Ansatz: Firmen könnten ihre Flotten auch Privatleuten zugänglich machen, was sich aber kaum lohnt. Andersherum: Statt eigene Fahrzeuge anzuschaffen, bedienen sich Unternehmen bei Carsharing-Anbietern – die es hier nicht gibt. Mit einer Ausnahme: Das Marburger Unternehmen Studibus vermietet Transporter mit Invers-Systemen an der Aral-Tankstelle in der Sandstraße. „Insofern gibt es hier doch Carsharing“, sagt Alexander Kirn.

Das Prinzip

Das System funktioniert ganz einfach: Ein Carsharing-Betreiber kauft Autos und will diese seinen Kunden zur Verfügung stellen. Anders als beim Mieten muss der Kunde nicht ins Büro kommen, Formulare ausfüllen und den Schlüssel abholen – der Verwaltungs- und Abrechnungsprozess läuft elektronisch. Entweder über eine Carsharing-Station oder beim Free Floating innerhalb eines vom Betreiber definierten Gebiets überall und jederzeit. Dazu braucht der Kunde ein Identifikationsmedium, mit dem er ins Auto kommt, wo der Schlüssel verwahrt ist. Das kann eine Karte sein, das Handy – oder ein Führerscheinsiegel.

Die Führerscheinkontrolle

Mit dieser Erfindung hat sich Invers auf große Fahrzeugflotten spezialisiert. „Gerade in größeren Unternehmen ist der bürokratische Aufwand groß, bei allen Mitarbeitern den Führerschein zu kontrollieren“, weiß Kirn. Denn: Inhaber oder Geschäftsführer haften, wenn ein Mitarbeiter ohne Führerschein mit einem Firmenwagen verunglückt. So werden alle Angestellten einmal mit dem Siegel ausgestattet und lassen es alle paar Monate überprüfen – elektronisch natürlich.

Die Technik

Identifiziert sich der Nutzer, entriegelt sich das Auto, das per Mobilfunknetz mit dem Server des Betreibers in Verbindung steht. Das Auto „erkennt“, dass die Person zum Fahren berechtigt ist. Je nach Geschäftsmodell erfasst das System Fahrdauer und Kilometer, funkt die Daten zum Betreiber, der Kunde bekommt nach Benutzung die Rechnung. „Wir entwickeln die Software, rüsten die Fahrzeuge mit der Technik aus und verwalten die Benutzeroberflächen für Betreiber und Kunden“, fasst Kirn zusammen.

Die Firmengeschichte

Gegründet wurde Invers von Uwe Latsch, der 1993 an der Uni Siegen promoviert wurde. Als Student konnte er sich kein eigenes Auto leisten und brauchte auch keines rund um die Uhr. Das Prinzip des Carsharing gab es bereits und für einen Ingenieur ist eine Schlüsselübergabe keine gute Lösung. Also entwickelte Latsch ein System zur Übergabe ohne menschliche Beteiligung. Heute ist seine Firma Weltmarktführer.

Die Unternehmenskultur

Auch dieser Firmengeschichte ist es geschuldet, dass Invers in diesem Jahr bereits drei Absolventen der Uni Siegen angestellt hat. „Wir sind in einer Wachstumsphase“, sagt Kirn, es sei einerseits eine Herausforderung, gute motivierte Mitarbeiter zu finden. Andererseits ist die Hochschule ein guter Standort: „Genau die Fächer, die wir brauchen, E-Technik und Informatik.“ Als Arbeitgeber mit 45 Angestellten seien Mitarbeiter das wichtigste Kapital von Invers: Es gibt keinen klassischen Einstieg, typisch sind eher Quereinsteiger. Wird ein Kfz-Fahrzeugtechniker gebraucht, stellt Invers einen ein. Wer lieber zu Hause arbeitet, kann das tun. „Das Ergebnis ist wichtig und das kann man auf vielen Wegen erreichen“, sagt Alexander Kirn. Bei den zahlreichen Facetten ihres Produkts seien Abstimmung und Teamarbeit aber nicht zu vernachlässigen.