Siegen. Der Siegener David G. sticht am 10. Mai dieses Jahres sechs Mal auf Loreen C. ein. Seine Ex-Freundin verblutet auf dem Bett. Jetzt steht er vor Gericht und gesteht die Tat. Die Anklage lautet auf Totschlag.

Gefasst sitzen die Eltern von Loreen C. (24) im Gerichtssaal. Zum ersten Mal tritt ihnen der Mann gegenüber, der ihre Tochter getötet haben soll. David G. (23), leicht untersetzt, etwas blass, weiche Gesichtszüge. Den Kopf stets nach unten geneigt sitzt G. zwischen seinen Verteidigerinnen und berichtet von der Beziehung mit der jungen Frau – und von dem Moment, als er ihr das Leben nahm. Zum Prozessauftakt am Dienstag vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht Siegen gibt G. zu, die Buchhalterin aus Enttäuschung getötet zu haben. Die Anklage lautet auf Totschlag.

Einige Monate vor der Tat am 10. Mai hatte sich das Paar nach sechs Jahren getrennt. Er habe, berichtet G., nie ganz mit der Beziehung abgeschlossen. Auch habe es immer wieder Treffen gegeben. Intime und platonische Begegnungen. Bis Ende April der Kontakt abbrach.

Begegnung auf der Straße

In der Nacht vom 9. auf 10. Mai fasst G. den Entschluss, seine Ex-Freundin in der Einliegerwohnung ihrer Eltern noch einmal aufzusuchen. Auslöser sei eine Begegnung auf der Straße am frühen Abend gewesen, sagt er aus. Sie sei ihm mit dem Auto auf der HTS entgegen gekommen. „Da kamen wieder alle Gefühle hoch.“ G. spricht mit einer Freundin darüber, besucht seine Tante und fährt schließlich gegen Mitternacht in seine Geisweider Wohnung. Er habe keine Ruhe gefunden und daher den Entschluss gefasst, noch einmal mit Loreen C. zu reden, die wenige Kilometer entfernt in einer Kellerwohnung im elterlichen Haus wohnt.

Weil er sich nicht sicher gewesen sei, ob sie ihm die Tür öffne, habe er ein Deko-Schwert eingepackt, um damit durch ein Fenster in die Einliegerwohnung einzubrechen. Die 40 Zentimeter lange Waffe, mit der er später auf die 24-Jährige einsticht, versenkt G. nach der Tat im Schwanenteich. Seine Ex-Freundin sei zwar zunächst erbost über den Einbruch gewesen, sagt G. aus. Dann habe sich das Paar aber unterhalten, über gemeinsame Urlaube, Erinnerungen gesprochen. Schließlich seien sie sogar einvernehmlich intim geworden. „Für mich sah es aus, als ob alles wieder in Ordnung werden wird.“

Weshalb es dann plötzlich zu einem so schweren Bruch kommt, mit dem Ergebnis, dass die 24-Jährige tot im Bett liegt, bleibt eine der offenen Fragen nach dem ersten Verhandlungstag. Laut G. soll Loreen C. ihn unvermittelt angeraunzt haben, er solle verschwinden. Sie wolle ihn nie wieder sehen. „Da habe ich mich gedemütigt, ausgenutzt und verstoßen gefühlt.“ Er schlägt der Frau zunächst mit der Faust ins Gesicht und würgt sie. Als sie sich wehrt, greift G. zu dem Schwert und sticht zu. Da ist es etwa 4 Uhr morgens. „Ich kann mich an drei Stiche erinnern“, sagt er. Tatsächlich waren es nach Polizeiprotokoll sechs Hiebe. Sie durchboren u.a. einen Lungenflügel, Leber, Brust und Hals. Loreen C. verblutet auf ihrem Bett.

Um Vergebung gebetet

Nach der Tat sei er erschrocken, habe sich vors Bett gekniet und um Vergebung gebetet, sagt G. „Dann war ich wie ferngesteuert.“ Er habe an mehreren Stellen der Kellerwohnung Feuer gelegt, um seine Spuren zu verwischen. Ferngesteuert? „Das ist rationales Handeln“, sagt Richter Wolfgang Münker. Dass er damit das Leben der Eltern und der Schwester seiner Ex-Freundin gefährdete, will G. in dem Moment nicht bedacht haben. Das Feuer erlischt, kurz nachdem der 23-Jährige den Tatort verlässt.

Das Schwert wirft G. in den Schwanenteich. Ein zweites Exemplar versenkt er am anderen Ende des Gewässers. Dann fährt er ins sieben Kilometer entfernte Niederholzklau und schmeißt seine blutverschmierte Kleidung in einen Altkleidercontainer. Als ein Kollege ihm gegen 8 Uhr per SMS mitteilt, dass ihn die Polizei sucht, habe er in seiner Wohnung gewartet. „Ich kann nicht flüchten“, sagt G., „diese Schuld trage ich ewig.“

Fortsetzung am Montag

Das Verfahren wird am Montag, 28. Oktober, mit Zeugenvernehmungen fortgesetzt. An den folgenden Prozesstagen sollen u.a. Differenzen zu Gs Aussagen bei der Polizei und den Einlassungen vor Gericht geklärt werden. In den ersten Vernehmungen hatte der 23-Jährige z.B. berichtet, am Tattag einen Schraubenzieher dabei gehabt zu haben – ein gängigeres Einbruchswerkzeug als ein Dekorations-Schwert. Vor Gericht stritt G. dies ab. Der Polizeibeamte habe ihm das in den Mund gelegt, gab er am Dienstag zu Protokoll. Außerdem soll geklärt werden, ob G. über die neue Partnerschaft seiner Ex-Freundin informiert war. Aus dem SMS-Verkehr zwischen den beiden geht hervor, dass es Anhaltspunkte dafür gibt. G. sagt, er habe allenfalls eine Ahnung gehabt.