Netphen. . Die Fahrgäste des Netphener Bürgerbusses kennen ihre Fahrerinnen und ihre Fahrer. An diesem Morgen werden sie überrascht: Hinterm Steuer sitzt Bürgermeister Paul Wagener.
Die Fahrgäste des Netphener Bürgerbusses kennen ihre Fahrerinnen und ihre Fahrer, sie kennen die anderen Passagiere, die meist wöchentlich zur selben Zeit dieselben Wege zurücklegen. An diesem Morgen werden sie überrascht: Hinterm Steuer sitzt Bürgermeister Paul Wagener.
„Ich bin jetzt ehrenamtlicher Bürgerbusfahrer“, teilt das Stadtoberhaupt mit, „heute ist meine erste Tour.“ Drei Mal steuert er die Haltestellen zwischen Netphen und Brauersdorf und auf dem Wellerseifen an, zwei Mal geht es nach Beienbach, Deuz und Walpersdorf. „Die Reaktionen der Fahrgäste waren durchweg positiv,“ sagt Wagener hinterher, „und Spaß gemacht hat es auch.“ Einen halben Urlaubstag hat er sich dafür genommen, mittags um halb zwei sitzt er wieder im Rathaus am Schreibtisch.
Nachmittags bleibt der Bürgerbus im Depot — und das ist auch ein Grund, warum Wagener sich engagiert: „Der Verein hat Personalprobleme. Schön wäre es, wenn auch ein paar Jüngere mitmachen.“ Friedrich Wilhelm Trautes, stellvertretender Vorsitzender des Bürgerbusvereins, setzt Erwartungen in den Einsatz des ersten Bürgers der Stadt: „Wir erhoffen uns von ihm, weitere Mitbürgerinnen oder Mitbürger als Fahrer zu gewinnen, zumal er jetzt als gutes Beispiel vorangegangen ist.“
Werbung für mehr Engagement
13 Männer und Frauen wechseln sich derzeit hinter dem Steuer ab. Zu wenig, warnt Trautes: „Damit lässt sich der Betrieb auf Dauer nicht aufrechterhalten.“ Etwa 27.000 Kilometer werden jährlich zurückgelegt, halb so viele wie vor der Einstellung des Nachmittagsverkehrs. Die Fahrgastzahlen haben darunter nicht gelitten: 2025 Passagiere nutzten im ersten „vollen“ Jahr 2009 das Angebot, 4010 waren es 2012.
Ob es schwer war, sich den Zickzackkurs durch die Wohnstraßen, die kein Linienbus anfährt, zu merken? „Mein Gedächtnis funktioniert“, sagt der Bürgermeister fast etwas gekränkt – abgesehen davon gab es im Sommer eine „Orientierungsfahrt“ mit seinem Fahrer-Kollegen Wolfgang Flender. Eine Schwäche gibt Paul Wagener dann doch zu: „Mit der Zeiteinteilung habe ich Schwierigkeiten. Da muss ich schon mal auf den Fahrplan gucken.“ Was man dem Mann der meist allerletzten Sekunde gern glaubt.