Siegen-Wittgenstein. Die Wahllokale waren seit 25 Minuten geschlossen, die FDP sicher aus dem Bundestag geflogen, da stand Helga Daub das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. „Desaster“, sagte die Wilnsdorferin. Das beschreibt exakt, was ihrer FDP auch im Wahlkreis 148 widerfahren ist. Ein Absturz, der seinesgleichen sucht.
Keine Kommunen, keine Stimmbezirke, wo die Liberalen nicht dramatisch verloren haben.
Vor vier Jahren war es die SPD, die mit Verlusten von kreisweit rund zehn Prozent schwer zu kämpfen hatte. Sie hat sich zwar leicht erholt, ist aber weit entfernt von alter Stärke.
Der Sieger des Wahlabends – womöglich der einzige, der sich in Siegen-Wittgenstein uneingeschränkt als solcher fühlt – heißt Volkmar Klein. Deutlicher als vor vier Jahren holte er den Wahlkreis gegen Willi Brase. Kleins CDU gewann fast überall dazu. Sie liegt deutlich über der 40-Prozent-Marke. „Ich sehe das als eine Würdigung meiner Arbeit“, sagte Klein, „ich habe in den letzten Jahren viel aus der Region nach Berlin mitgenommen.“ Klein und Brase sehen künftig ähnliche Schwerpunkte für ihre Arbeit in Berlin für die heimische Region: Bildung und Infrastruktur. Dass es bei diesen Themen auch künftig eine enge Zusammenarbeit geben wird, daran ließen die Politiker beider Parteien keinen Zweifel. „Wenn es um die Interessen der Region ging, war die Zusammenarbeit hervorragend“, sagte Klein. „Wir werden künftig mit zwei Abgeordneten in Berlin sein“, so Brase. Wichtig seien mehr Geld für Hochschulen und Infrastruktur.
Im Bundestrend
Die Wähler in Siegen-Wittgenstein wählten im Bundestrend. Das gilt auch für die Alternative für Deutschland. Erst vor wenigen Monaten hatte die Partei in Siegen-Wittgenstein einen Kreisverband gegründet sowie mit Dr. Wolfgang Sonneborn einen Vorsitzenden und einen Direktkandidaten gekürt. Das Ergebnis ist äußerst respektabel. In allen Kommunen pendelt die AfD knapp über oder knapp unter fünf Prozent. Ein bittersüßer Erfolg allerdings, wenn die AfD knapp den Einzug in den Deutschen Bundestag verpasst.
Als Sieger können sich auch Grüne und Linke nicht fühlen. Beide Parteien haben Stimmen verloren. „Das Ergebnis für den Bund ist akzeptabel. Ich hatte für mich neun Prozent prognostiziert, zehn hätten mich gefreut“, kommentierte Peter Schulte (Die Linke) das Wahlergebnis. Keine Rolle spielten – ebenfalls wie auf Bundesebene – die Piraten.
Wahlbeteiligung steigt
Die Wahlbeteiligung ging leicht nach oben. 72,59 Prozent der 215.915 Wahlberechtigten in Siegen-Wittgenstein gingen zu den Urnen. Vor vier Jahren lag die Wahlbeteiligung bei 71,82 Prozent – ein historischer Tiefstwert. Bei der Bundestagswahl 2005 waren in Siegen-Wittgenstein noch mehr als 78 Prozent der Bürger zur Wahl gegangen.