Burbach. . Hinter den Hangartoren des Siegerland-Flughafens parken, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, wahre Schätze. Große und kleine. Fliegende Kostbarkeiten und Raritäten, die, weil so selten, unverkäuflich sind und von ihren stolzen Besitzern entsprechend gehegt, gepflegt und gehätschelt werden. Keine High-Tech-Konstruktionen, sondern in Ehren ergraute Überbleibsel aus den Kinder- beziehungsweise Jugendjahren der Fliegerei. Back to the Roots.

"Wer einmal die Welt durch die Tragflächen eines Doppeldeckers gesehen hat, wird nie wieder der gleiche Mensch sein.“ Diesen Satz von Richard Bach, dessen 1970 erschienenes Werk „Die Möwe Jonathan“ zum Weltbestseller und Kultbuch wurde, würden Thomas Holz und Friedrich Diehl blind unterschreiben. Die beiden sind mindestens genauso flugverrückt wie der US-amerikanische Schriftsteller – und sie nehmen ihn beim Wort.

Zwei Herren, die reife Damen mögen

Die beiden Herren stehen auf reifere Damen. Die eine hat, Schnapszahl, 77 Jahre auf den Holmen, ihre Freundin ist gerade mal vier Lenze jünger. Trotzdem sind die Ladies, Kompliment an den Kosmetiker, noch völlig faltenfrei und und lassen manch Jüngere ziemlich alt aussehen. Und sie haben eine bewegte Vergangenheit. Wenn vom „Cardueliscarduelis“ die Rede ist, weiß der versierte Vogelkundler sofort Bescheid. Ein „Stieglitz“! Der gehört bekanntlich zur großen Finkenfamilie. Im Gegensatz zu ihren ornithologischen Vettern gibt es von der auf der Lipper Höhe beheimateten Fw 44 aber deutschlandweit nur noch ganz wenige flugfähige Exemplare, ganze zehn Stück nämlich. Dabei sind einmal rund 2000 davon zwischen 1932 und den frühen 40er Jahren bei den Focke Wulf-Flugzeugwerken in Bremen von den Bändern gelaufen. Von den Lizenzbauten in vielen anderen Ländern ganz zu schweigen. Und die 160 PS starke, von einem Siemens Halske SH 14–Motor angetriebene „Echo-Tango-Uniform-Foxtrott“ dürfte der Methusalem unter Ihresgleichen sein. Auf dem Rumpf ist die Baunummer 1 eingraviert, was Raum für Interpretationen lässt. Weil es aber keine authentischen Dokumente aus der Entstehungszeit gibt, sind die Eigner vorsichtig in ihrer Wortwahl. Die Maschine sei aber höchstwahrscheinlich die älteste noch fliegende ihrer Art.

Weiter Weg auf die Lipper Höhe

Thomas Holz und Friedrich Diehl hatten die Liebe ihres Lebens vor vier Jahren in Argentinien entdeckt. Dort war das Flugzeug von einem deutschen Auswanderer überholt und instand gesetzt worden. Eine Sisyphusarbeit, aber nix im Vergleich zu dem bürokratischen Hindernislauf, der vor den neuen Besitzern lag. Der Rumpf der Maschine war in den 30ern offensichtlich als Muster für Lizenzbauten nach Südamerika gebracht worden, weil an der Weser die Produktionskapazitäten knapp geworden waren. Die Fw 44 war in erster Linie als Schulflugzeug für angehende Jagdflieger und als Kunstflugmaschine konzipiert worden.

Als Seltenheit gilt auch die zweite Seniorin des fliegenden Altersheims auf dem Siegerland-Flughafen, eine Bücker 133 „Jungmeister“. Davon tummeln sich auch kein Dutzend Exemplare mehr am deutschen Himmel. Der einsitzige, gelb-schwarz lackierte Doppelflügler ist genau so motorisiert wie der „Stieglitz“ und ebenfalls weit in der Welt herum gekommen. Anno 1940 von Dornier in Altenrhein gebaut, war die Maschine zunächst bei der Schweizer Luftwaffe für die Luftkampf- und Kunstflugschulung eingesetzt worden. Von dieser Mission zeugt heute noch das rote Seitenruder mit dem weißen Eidgenossen-Kreuz. In den 60er Jahren hatte der kompakte Brummer ein mehrjähriges Gastspiel in den USA gegeben, ehe er auf dem Burbacher Airport bei Holz und Diehl ein endgültiges zu Hause fand. Ein nochmaliger Besitzerwechsel? Ausgeschlossen!

Einzigartig auf der Welt

Weihnachten und Ostern fallen für die beiden Piloten übrigens auf einen beziehungsweise zwei hintereinander folgende Tage: den 17. und 18. August. Das ist der aktuelle Termin für das alle zwei Jahre an wechselnden Orten stattfindende „Barnstormer Barbeque“, dem größten ehrenamtlich organisierten Oldtimer-Flyin dieser Art Deutschlands. Schauplatz ist 2013 das Fluggelände des LSC Montabaur. Da werden Friedrich Diehl und Thomas Holz mit ihren „(t)ollen Tanten“ natürlich in der ersten Reihe landen. Der flotte Siegerländer Dreier wird aber erst durch Uwe Klöckner komplett, der mit seiner Mylius Tornado „My 102“, dem einzigen weltweit verbliebenen Exemplar, wieder mächtig Dampf ablassen will. Die Mylius ist eine einsitzige, 200 PS starke Kunstflugmaschine und quasi ein Unikat.