Siegen. So etwas habe er noch nicht erlebt, sagt Amtsrichter Bastian Cardue kopfschüttelnd. Von November 2012 bis April 2013 hat der Angeklagte (25) 23 Betrugsanklagen angehäuft.
„Sie haben sich auch nicht von Vernehmungen durch die Polizei, Anschreiben der Staatsanwaltschaft und sogar einer Verurteilung abhalten lassen, weiterzumachen. Sie wussten also, was Ihnen blüht“, stellt der Vorsitzende in Richtung des Siegerländers fest, der zustimmend und zerknirscht nickt.
„Ich habe eine Menge Mist gebaut.“ Er hat vor ziemlich genau einem Jahr den „Offenbarungseid“ geleistet und kennt die Höhe seiner Schulden nicht.
Vorwiegend über eine bekannte Plattform im Internet hatte der junge Mann nicht existierende Dauerkarten für den BVB angeboten und für Preise zwischen 400 und 750 Euro verkauft. Zum Teil hatten die Kunden den kompletten Betrag überwiesen, zum Teil Anzahlungen geleistet. Der Angeklagte sackte das Geld ein.
Familiäre Probleme angeführt
Die andere Hälfte der Vorwürfe bezog sich auf iPhones, die im Kleinanzeigenteil der gleichen Plattform angeboten wurden. Da köderte er die Geschädigten mit offenbar gefälschten Überweisungsnachweisen und holte sich die Geräte bei den Leuten ab, meist ging es um Beträge von rund 600 Euro. Einmal hatte er für 50 Euro in Netphen getankt und eine EC-Karte für ein ungedecktes Konto vorgelegt. In einem weiteren Fall sollte er ein iPhone aus einem Auto gestohlen haben.
Das stimme nicht, er habe sich auch mit dieser Person geeinigt und das Smartphone bekommen, streitet er ab. Amtsanwältin Bärbel Knebel macht aus dem ursprünglich angeklagten Diebstahl den 23. Betrug.
Er habe familiäre Probleme gehabt und sei spielsüchtig gewesen, begründet der Angeklagte sein Tun. Jetzt habe er Hilfe gesucht und nur einen Wunsch, „wieder aus der Scheiße zu kommen“. Er habe seine Eltern enttäuscht und deren „guten Namen in den Dreck gezogen, das tut mir alles leid“. Was er denn zur Hilfe getan habe, will der Richter wissen. Er habe mit einer Frau mehrere Gespräche geführt.
Eine Psychologin? Ja, aber den Namen wisse er nicht mehr. Jedenfalls sei er geheilt, habe seit zwei Monaten nicht mehr gespielt. Der letzte Vorfall in seiner Akte datiere aus dem Juni, ist die Anklagevertreterin skeptisch, beantragt aber dennoch „nur“ 15 Monate auf Bewährung und hofft auf Einsicht des Angeklagten. Anwalt Uli Schmidt meint, ein Jahr sei auch genug und erinnert an die Leichtigkeit, mit der sich Leute über das Internet betrügen ließen. Da brauche es keine größere kriminelle Energie.
Ein Jahr auf Bewährung
Richter Cardue findet dennoch gerade das Verhalten beim Ergaunern der iPhones ziemlich dreist und ermahnt den Angeklagten, sich um eine weitergehende Therapie zu bemühen. Er urteilt ein Jahr auf Bewährung und gibt eine Therapie als ausdrückliche Bedingung auf. Die sei zu teuer, hatte der vorher bemängelt.
„Es gibt auch welche, die von der Kasse bezahlt werden“, teilt ihm der Richter mit. Und er solle sich die Strafe als Warnschuss zu Herzen nehmen. Das nächste Mal warte das Gefängnis: „Wenn wir uns hier noch einmal sehen, geht es nicht mehr so.“