Allenbach. .
Sie haben sich gestreckt und gegähnt, legen beim Turboatmen die Hände auf den Bauch. „Wenn sich da nichts tut, macht ihr etwas falsch“, sagt Andrea Stötzel. „Verspannt kann man nicht singen“, weiß Daniel. Nach zehn Minuten Stimmbildung entlässt die Musikpädagogin die kleine Gruppe aus dem Spiegelsaal. Die Nächsten, bitte.
Im Musikraum ist das Kommen und Gehen an solchen Vormittagen ganz normal. Angelina geht ans Klavier und spielt mal eben die Arabesque von Friedrich Burgmüller herunter. „Ganz toll“, lobt Klassenlehrer Wolfgang Setzer, der sich an einen der Gruppentische zu seinen Fünftklässlern gesetzt hat. Die anderen stehen Angelina in nichts nach. Anastasia an der Geige, Maik auf der Trompete, Emily an der Klarinette, Pauline an der Querflöte... Alle fünf Jungen und 18 Mädchen in der Klasse spielen mindestens ein Musikinstrument. Spätestens seit einem Dreivierteljahr. Sie sind die Klasse 5 m. Keppels erste Musikklasse.
Die ersten sind schon im Orchester
Insgesamt fünf Stunden in der Woche steht Musik auf dem Stundenplan. Dazu gehören das Singen im Chor oder das Spielen im Orchester, außerdem der Instrumentalunterricht in der eigens gegründeten „Musikschule Stift Keppel“, die Musikpädagogen und hochkarätige Musiker engagiert hat. „Musik ist der rote Faden, der die Klasse bis zur Jahrgangsstufe 9 zusammenhält“, sagt Wolfgang Setzer, „das schweißt zusammen.“ Wer will, ist dann bestens vorbereitet für den Leistungskurs Musik in der Oberstufe. Lara und Lou sind die Frühstarter: Sie haben schon einen Platz im Schulorchester. „Natürlich können wir noch nicht jeden Takt mitspielen“, sagen sie. Aber neben ihnen sitzen ältere Mitschüler, die sie unterstützen. Wolfgang Setzer gefällt das: „Möglichst früh ins kalte Wasser springen.“
Ruhig ist es auch am Nachmittag in den Mauern des Stifts nicht. Hinter der einen Tür schluchzen Geigen, hinter der anderen wirbeln die Trommelstöcke. „Das verändert die Schule“, sagt Schulleiterin Sibylle Schwarz, „und das klingt alles schon sehr ordentlich.“ Hörbar für alle spätestens seit dem Weihnachtskonzert. Da habe der Chor „stimmlich plötzlich ein ganz anderes Volumen“ gezeigt. Mit dem Musikzweig setze die Schule zudem ein „wichtiges Gegengewicht“ zu ihrem MINT-Profil — denn im Bereich Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ist Keppel ja auch schon in den Kreis der „Excellence Center“ aufgenommen worden.
Die 5 m: eine ganz besondere Klasse? Die Kinder winken ab. „Eigentlich ist alles gleich“, behauptet Alina. Die Klassenfahrt ging ganz normal nach Wiehl. Im Mathe-Wettbewerb haben sie sogar ziemlich gut abgeschnitten. „Die sind es eben gewohnt, dass man durch Üben weiterkommt“, erklärt sich Sibylle Schwarz diese Nebenwirkung von Musikunterricht. Na gut: „Wenn ihr größer seid, werden wir bestimmt einmal eine Probe der Philharmonie besuchen“, verspricht Wolfgang Setzer – die Parallelklassen mögen da eher andere Ziele ansteuern. Die Musikstunde ist vorbei. Es geht zurück ins Klassenzimmer der 5 m. Vorn steht — ein Klavier. Selbstverständlich.