Kreuztal. .

Der Blüthner-Flügel und die zwei Klaviere sind zugedeckt. Ganz frei vom Staub der Baustelle sind sie aber im Moment nicht. „Die werden hier zum Inventar gehören“, sagt Klaus Vetter. Vor über 150 Jahren haben hier zwei Loks nebeneinander gestanden. Jetzt richtet der Kreuztaler Klavierbauer hier, im Lokschuppen, sein „Café Basico“ ein.

Café Basico? Der Name ist in der Tangoszene bekannt — und mit Klaus und Eva Vetter verbunden, die in den 1990er Jahren ihre Leidenschaft für diesen Tanzsport entdeckten, 1999 einen Tanzkreis im Alten Feuerwehrhaus gründeten, später im Lyz und, bis zum Abbruch des Gebäudes im Jahr 2009, an der Siegener Daimlerstraße ihr Café Basico betrieben.

Späte Wiederentdeckung

Immer wieder endete die Suche nach neuen Quartieren vergeblich. An den Lokschuppen in Kreuztal hatte Klaus Vetter überhaupt nicht gedacht. „Wir hatten gerade unsere Träume begraben“ – als er erfuhr, dass die Stadt Kreuztal der Bahn im Jahr 2004 nicht nur den Bahnhof, sondern auch den aus den ersten Eisenbahntagen übrig gebliebenen Lokschuppen abgekauft hatte. Der Kulturbahnhof wurde 2008 eröffnet — der Lokschuppen trat erst 2011 so richtig ins Kreuztaler Bewusstsein, als auch dort mit einem Lokschuppenfest das 150-jährige Bestehen der Ruhr-Sieg-Eisenbahn gefeiert wurde

Stück für Stück arbeiten sich Vetter und wenige Helfer durch den Bau. Das Dach ist neu, die Fenster zu den Gleisen auch. Auf der Rückseite werden neuen Flügeltüren die Veranstaltungsräume mit einer Sommer- und Sonnenterrasse verbinden. Der neue, alte Lokschuppen wird nicht einfach Tanzstudio — und schon gar nicht gelackt und geleckt.

„Der Lokschuppen ist da für Projekte, die Platz brauchen“, sagt Klaus Vetter. Für Tango und Salsa, für Theatergruppen, Bauchtanz, Workshops. Platz in zwei Veranstaltungsräumen, der eine um die 150, der andere 200 Quadratmeter groß. Oben unter der Dachschräge in einem Konferenzraum. Auf der Galerie mit den noch aus der Daimlerstraße geretteten Snooker-Billardtischen und dem Blick herunter ins eigentliche Café Basico mit dem Gestühl der 1960er und 1970er Jahre, dem Klavier, wo Gäste es sich abends bei Kaffee, Wein und Flaschenbier gemütlich machen. Basico eben.

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Vor ein paar Jahrzehnten wäre so ein Haus in die Kategorie der autonomen, soziokulturellen Zentren eingeordnet worden. Klaus Vetter braucht solche Etiketten nicht. Sein Konzept ist einfach: Der Lokschuppen, den er von der Stadt per Erbpacht übernimmt und auf eigene Rechnung renoviert, trägt sich selbst ohne öffentliche Zuschüsse – und ist damit auch frei von vielen Regelwerken. „Dadurch wird so viel Kreativität blockiert“, sagt Vetter. Er will nichts weniger als einen Raum anbieten: „Wo Leute sich engagieren können und die wir, wenn sie wollen, beraten und unterstützen können.“

Billard-Galerie

Jede Menge Uhren hat die Bahn zurückgelassen, als sie 1977 die Kreuztaler Bahnmeisterei schloss, die zuletzt mit Werkstatt und Sozialräumen im Lokschuppen untergebracht war. Die eine steht auf kurz nach zwei, eine andere auf halb acht, keine auf fünf vor zwölf. Stehengeblieben sind sie alle.

„Aufsteiger gesucht“, steht auf dem Aufkleber an einer Tür, mit dem die Deutsche Bundesbahn damals Gleisbauarbeiter anzuwerben versuchte. Die Aufsteiger, die die Spindeltreppe zur Galerie mit den Billards nehmen, dürfen gern auch Aussteiger sein. „Hier werden Leute aus ganz unterschiedlichen Ecken zusammenkommen.“

Gerade haben Klaus Vetter und seine Helfer ihre Werkstatt und ihr Materiallager umgeräumt, um wieder Platz auf dem Baufeld zu gewinnen. „Da hinten kommt eine kleine Bühne hin.“ Vorstellen kann man sich das noch nicht so recht. Wann der neue, alte Lokschuppen fertig wird? Prognosen wagt der Bauherr nicht. Im Spätherbst könnte ein erster Bauabschnitt mit Café und einem Veranstaltungsraum in Betrieb gehen, vielleicht auch erst im kommenden Frühjahr.

„Das verändert mein Leben schon“, sagt der 57-jährige Kreuztaler und klingt dabei ganz entspannt. „Wir fühlen uns wohl hier. Und wir sind fest davon überzeugt, dass so eine Einrichtung gebraucht wird.“