Siegen-Wittgenstein. . So wenige Menschen wie nie zuvor sind auf den Straßen in Siegen-Wittgenstein bei Unfällen gestorben. Jeder einzelne ist noch zu viel, jedoch zeigt die Unfallstatistik, dass es immer sicherer auf den Straßen wird.

Am Dienstag hat die Kreispolizei die Unfallstatistik vorgestellt. Im Landesvergleich schneidet Siegen-Wittgenstein sehr gut ab.

Lebensmüde am Lenker

Der Motorradfahrer dreht voll auf. Rast mit mehr als 200 Kilometern pro Stunde über die B 62 zwischen Afholderbach und Kronprinzeneiche, überholt trotz durchgezogener Linie und fährt auf der Gegenspur, um die Kurve besser zu nehmen. Zu sehen ist ein Video, das ein Motorradfahrer von einem Kumpel filmen ließ, der hinter ihm fuhr. Um anzugeben, um in der Internetgemeinde zu prahlen, hatten sie das Video bei Youtube hochgeladen. Blöd gelaufen. Denn dort schaut auch die Polizei häufig hinein. Die Ermittlungen gegen den 22-Jährigen aus dem Kreisgebiet laufen.

„Solche Motorradfahrer wollen wir hier nicht“, sagt Polizeioberrat Jürgen Griesing, Leiter der Direktion Verkehr, entschieden. Beim Anblick des Videos wird der Leiter der Direktion Verkehr – wie alle anderen im Raum – richtig sauer. Deshalb werde sich die Polizei in diesem Jahr besonders auf die rasenden Motorradfahrer konzentrieren. Sie machen ungefähr fünf Prozent aller Motorradfahrer aus.

Es sind vor allem vier Rennstrecken, die die Polizeibeamten im Blick haben: Die bereits genannte B 62, die B 508 zwischen Lützel und Kronprinzeneiche, die B

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517 im Bereich Littfeld/Rahrbacher Höhe und die ehemalige B 54 am Krombacher Heck. Auch die Tricks der Raser, die meistens aus den Kreisen Siegen-Wittenstein oder Olpe kommen, sind den Polizisten bekannt. „Sie fahren meist die Strecke langsam in beide Richtungen ab, und schauen genau, ob nicht vielleicht irgendwo eine Kontrolle steht“, erklärt Griesing. Auch per Handy werde sich gegenseitig vor der Polizei gewarnt. „Wir sind gut darauf eingestellt.“

Ältere Motorradfahrer

Im vergangenen Jahr verletzten sich 149 Motorradfahrer bei Unfällen im Kreisgebiet. Das waren 15 Prozent weniger als in 2011.

Derzeit sind im Kreisgebiet 16.000 Motorräder zugelassen, die Zahl stieg seit 1997 um 45 Prozent. Die Hälfte der Verunglückten gehören in die Altersgruppe 24 bis 64 Jahre. Die meisten Unfälle verursachen hierbei laut Polizei die Motorradfahrer, die länger nicht gefahren sind und dann im gesetzteren Alter noch einmal auf die Maschine steigen – ohne vorheriges Training. „Der Verstand ist bei dieser Altersgruppe schon da, allerdings beherrschen sie die Maschinen nicht“, erklärt Griesing.

Alkohol und Drogen

Einen Anstieg weist die Statistik bei den Unfällen unter Alkohol aus. Im Jahr 2012 verursachten 98 betrunkene Autofahrer einen Unfall, 29 Menschen verletzten wurden dabei verletzt. Im Vorjahr waren es 85 solcher Unfälle mit 25 Verletzten. Ein Mensch starb. 438 Fahrer mussten zur Blutprobe und Atemalkoholanalyse.

Einen ähnlichen Anstieg gab es bei den Fahrten unter Drogeneinfluss. Die meisten der 480 (2011: 430) gestoppten Fahrer hatten Cannabis geraucht oder Amphetamine genommen. „Die Zahlen sind auf einem äußerst niedrigen Niveau, deshalb handelt es sich hierbei nicht um einen besorgniserregenden Zuwachs“, erklärt Polizeisprecher Meik Reichmann. Die gestiegenen Zahlen führt er vor allem auf die gut geschulten Beamten im Kreisgebiet zurück. Ungewöhnlich zappelig oder lethargisch, verengte Pupillen und gerötete Augen – die Polizeibeamten kennen die Anzeichen und seien sensibilisiert.

Kinder

77 Kinder sind im vergangenen Jahr bei Verkehrsunfällen verletzt worden. Das sind 22 weniger als in 2011 – und belegt damit einen positiven Trend. Landrat Paul Breuer appellierte in diesem Zusammenhang an die Eltern. Kinder sollten rechtzeitig lernen, wie sie sich im Straßenverkehr richtig zu verhalten haben, und nicht ausschließlich von Angehörigen umherchauffiert werden – bei allem Verständnis für elterliche Ängste.

Im Auto der Eltern verletzten sich 26 Kinder. Eine deutliche Abnahme verzeichnet die Polizei bei den Schulwegunfällen: Waren es in 2011 noch 18, so wurden im vergangenen Jahr elf Kinder verletzt.

Unfallschwerpunkte

Damit die Zahlen in Köln vergleichbar sind mit den Zahlen im Siegerland, arbeiten die Statistiker der Polizei mit der Verunglücktenhäufigkeitszahl (VHZ). Dabei werden die Verunglückten mit 100.000 multipliziert und durch die tatsächliche Einwohnerzahl dividiert. So können Behörden die Zahlen auf Basis von 100.000 Einwohnern vergleichen. Laut dieser VHZ sind in Kreuztal im vergangenen Jahr kreisweit am meisten Menschen verunglückt. 90 Verletzte ergaben dort, gemessen an der Einwohnerzahl, eine VHZ von 435. In Siegen gab es 300 Verletzte und damit die VHZ 357. Die Wittgensteiner Kommunen (Bad Berleburg: 245, Bad Laasphe: 204 und Erndtebrück: 196) wiesen die niedrigsten Unfallzahlen aus.

In Kreuztal liegt die Unfallbelastung vor allem an dem Achsenverkehr in Richtung Nord-Süd und Ost-West und der HTS-Abfahrt, erklärt Polizeihauptkommissar Siegmar Kiepke, Leiter der Führungsstelle der Direktion Verkehr. Viel könne die Polizei da nicht ändern. „Die einzige Therapie ist eine Entlastungsstraße“, sagt Landrat Paul Breuer. Nur so könne die gestresste Verkehrssituation in der Region entspannt werden. Denn eins sei sicher: „Weniger gestresste Verkehrsteilnehmer, verursachen auch weniger Unfälle.“

Weniger Verkehrstote

Die Straßen in Siegen-Wittgenstein sind sicherer geworden. Das zeigen eindrucksvoll die Zahlen der vergangenen 30 Jahre. 1983 starben 50 Menschen bei Verkehrsunfällen, im Jahr 2012 waren es fünf.

Die Polizeibeamten führen den Rückgang vor allem auf Gurtpflicht, Promille-Grenze, bessere Technik in den Autos und bessere Straßen zurück.