Siegen. . Der studentische Protest an der Uni Siegen hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Schauplatz war am Mittwoch das Rektoratsgebäude in der Innenstadt. Die Studenten wollten diskutieren – aber nicht mit dem Rektor.

Der Einmarsch gelingt trotz Widerständen. Als sich die Speerspitze der rund 100 Proteststudenten am Vormittag Zugang zum Flur des Uni-Rektorats verschafft, stellt sich ihnen ein Verwaltungsmitarbeiter entgegen, versperrt ihnen den Durchgang. „Arme hoch und durchdrücken“, gellt es durch den Flur, die Ansage ist klar. Dem Uni-Angestellten bleibt keine Chance, er muss weichen. Der Einmarsch der studentischen Protest- Vorhut ist geglückt. Bis die Nachzügler eintreffen, dauert es nicht lang. Der Raum, in dem sich die Studenten sammeln, ist nach nur wenigen Minuten brechend voll.

Doch diesmal ist der Protest ein anderer als zuvor. Im Gegensatz zum Sturm auf die Pressekonferenz von Uni-Rektor Burckhart in der vergangenen Woche geht es diesmal nicht primär um die Bedingungen an der Uni Siegen. So ist es einer Pressemitteilung der Organisatoren der jetzigen Protestaktion zu entnehmen. Der Sturm auf das Rektorat soll ein Diskussionsforum bieten zur generellen Kritik am universitären System. Zahlreiche Studenten melden sich über das herumgereichte Megafon zu Wort.

Die entmenschlichte Universität

Eine zunehmende Entmenschlichung habe sich im Zuge des Bologna-Prozesses an der Uni eingebürgert, heißt es. Die Universitäten seien in fester Hand der Wirtschaft, das System wolle Fließband-Absolventen produzieren. Die Universitäten seien auf Druck der Wirtschaft „durchökonomisiert“ worden, meinen einige erkannt zu haben. Daher seien die Proteste auch als Präsentation einer „antikapitalistischen Grundhaltung“ zu verstehen, gibt einer der Wortführer der Besetzungsaktion zu Protokoll. Hier und da macht sich bei dieser Aussage argwöhnisches Murren breit, irritierte Blicke werden ausgetauscht. Offenbar sehen dies nicht alle Anwesenden so.

Einige scheinen vielmehr einen gemäßigteren, pragmatischen Ansatz zu verfolgen, der auf konkrete Verbesserungen der Studiensituation abzielt. So war eigentlich auch das Ursprungskonzept des Protestplenums gedacht, das sich vor zwei Wochen koordiniert von diversen Fachschaftsräten sowie dem AStA gebildet hatte. Bezeichnend war auch, dass der AStA wohl offiziell nicht in die Organisation der Besetzung eingebunden war, wie es vom AStA auf Anfrage hieß. „Grundsätzlich unterstützen wir den Protest“, sagte AStA-Referent Julian Hopmann. „Wir zeigen aber jederzeit Gesprächsbereitschaft mit der Uni-Leitung.“

Diese Bereitschaft war offenkundig bei den Besetzern nicht vorhanden. Burckhart bot den Protestlern mehrmals an, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Dies stieß allerdings auf wenig Interesse. Nur als es darum ging, dass die angerückte Polizei vor dem Gebäude doch bitte gehen solle, ging eine Studenten-Delegation auf Burckhart zu. Die Beamten waren jedoch nicht auf Geheiß der Uni zum Gebäude gekommen. Der Rektor hatte auf eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs verzichtet.