Siegen. . Integration ist eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Die Uni Siegen widmet sich daher zusammen mit Partnern aus Forschung und Praxis einem bislang wenig erforschten Aspekt dieses Themas.

Im Mittelpunkt steht die Integration sogenannter „Fliegender Bräute“. Dies ist der umgangssprachliche Ausdruck für Frauen, die zwecks Eheschließung und Familiengründung nach Deutschland einwandern. Bei diesem bundesweit einzigartigen Forschungsschwerpunkt untersucht ein Team geführt von Professor Dr. Stefan Kutzner von der Uni Siegen die familiären Bedingungen der Frauen nach ihrem Umzug nach Deutschland. Diese seien für die Eingliederung in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt von erheblicher Bedeutung. Unterstützt wird die Uni in ihrer Forschung von der universitären „Forschungsstelle Siegerland“ sowie vom Forschungskolleg „Zukunft menschlich gestalten“. Das Diakonische Werk im Kirchenkreis Siegen steuert mit Projekten wie dem dreijährigen Programm XENOS wichtige Erkenntnisse aus der Praxis bei. Das Ziel der Kooperation: Die Optimierung der Praxisangebote - ausgerichtet am Bedarf der zugewanderten Frauen.

Laut Kutzner sind in den Jahren 2005 bis 2010 bundesweit rund 200 000 Heiratsmigrantinnen zugewandert, zum Großteil aus der Türkei und dem südosteuropäischen Raum. Ein großer Einschnitt im Leben der Frauen, oftmals einhergehend mit einer Krise. „Nach der Zuwanderung gilt es, in kurzer Zeit relativ viele Entwicklungsaufgaben zu bewältigen“, sagt Kutzner. Dazu zählen der Spracherwerb, oftmals auch die Paarbildung, die Integration in die neue Familie sowie der Zugang zum Arbeitsmarkt.

Rückhalt der Familie entscheidend

Auf den Aspekt Arbeitsmarktinte-gration war das Projekt XENOS ausgerichtet. In drei jeweils einjährigen Phasen hat die Diakonie in Zusammenarbeit mit Kitas und Pflegeeinrichtungen insgesamt 42 Frauen mittels Praktika in sozialen Berufen weitergebildet. Die Erfahrungen der Frauen aber auch der beteiligten Arbeitgeber seien durchweg positiv gewesen. Die Frauen machten in den Praktika Erfolgserlebnisse, gewannen Zutrauen und konnten erste soziale Kontakte aufbauen. Auch die Rückmeldungen der Arbeitgeber seien positiv gewesen, sagte Dorothée Kahm, die das Projekt betreute.

Wichtig sei aber vor allem der Rückhalt der Familien, betonte Jan Gellermann, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschung beteiligt ist. Besonders der Rückhalt der Ehemänner aber auch der Schwiegermütter sei von enormer Bedeutung.

Die ersten Ergebnisse der Forschung im Rahmen der Praxiserfahrungen deuten darauf hin, dass sich tradierte Familienmodelle zunehmend verflüchtigen. Ein gewisser ökonomischer Druck sei durchaus mitentscheidend, dass nun auch die Frauen zumindest mit Minjobs etwas zum Einkommen beisteuern. Es lasse sich aber auch eine Offenheit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in Deutschland ausmachen.