Siegen. . Das Kräuterbeet zum Andenken an Gräfin Juliana von Stolberg-Wernigerode im Siegener Schlosspark wäre fast von der Bildfläche verschwunden. Jetzt kümmert sich ein ehrenamtliches Team um das Kleinod.

Fast wäre Gras über die Sache gewachsen. Doch bevor das Kräuterbeet zum Andenken an Gräfin Juliana von Stoberg-Wernigerode auf natürliche Weise von der Bildfläche des Schlossparks verschwand, fand sich doch noch eine kleine Gruppe zusammen, um dem Kleinod mit historischen Wurzeln das Dahinwelken zu ersparen. Seit Mai klären nun 26 liebevoll gestaltete Schiefertafeln den Betrachter auf, mit welchen Pflanzen er es hier zu tun hat.

Kräuterbeet? Gräfin? Schlosspark??? „Die Lage ist etwas kritisch“, sagt Stadtführerin Brigitte Eger-Kahleis beim Ortstermin. Das Beet liegt im Grünstreifen direkt an der Ostseite des Schlossgebäudes, also Richtung Hainer Hütte. „Sie merken: Wenn Sie in diesen Teil des Parks kommen, sehen Sie es erst einmal nicht“, sagt die Stadtführerin. „Ich kenne sogar Leute, die es sich ansehen wollten, es aber nicht fanden.“

Dabei ist das Beet nicht neu. Angelegt wurde es – nach einigen Diskussionen – anlässlich des 500. Geburtstags von Juliana von Stolberg (1506 bis 1580). „Alles, was wir bis bis dahin hatten, war ein Porträt der Frau im Oraniersaal“, erzählt Eger-Kahleis. Aus dem Kreis der Museumsführer sei die Anregung für das Beet gekommen.

Juliana, Gemahlin von Wilhelm dem Reichen, Graf von Nassau-Dillenburg, besaß auf dem Areal der Dillenburger Residenz einen Garten mit Heilkräutern. Sie stellte Medizin her, die sie an Bedürftige und Wöchnerinnen verteilte. Ihre Hofapotheke hatte aber auch prominente Abnehmer, unter anderem den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. „Sie hat Karl V., dem mächtigsten Mann ihrer Zeit, mehrfach ein Mittel gegen Gicht geschickt“, weiß Eger-Kahleis. Ob die Gräfin – übrigens Mutter von 17 Kindern – auch im Siegener Park einen solchen Kräutergarten unterhielt, ist nicht überliefert. Die Stadtführerin hält es aber durchaus für möglich.

Eine 1000-Euro-Spende der RWE ermöglichte vor sieben Jahren die Anschaffung einer Metalltafel mit Konterfei der Gräfin und erläuterndem Text, außerdem den Kauf der ersten Pflanzen. Die Realschule am Oberen Schloss übernahm eine Patenschaft zur Pflege, gab diese aber im Herbst 2010 auf, als der zuständige Lehrer in den Ruhestand ging.

Schon vorher stand das Beet unter keinem guten Stern. Die Jugendlichen mussten mehrfach neue Beschilderungen anbringen, da diese mutwillig zerstört wurden. Und die Pflanzen selbst scheinen Begehrlichkeiten geweckt zu haben. „Ich sah einmal vom Schlosscafé aus, wie ein Mann im Beet steht und Pflanzen herauszieht“, sagt Eger-Kahleis. „Als ich ihn ansprach, sagte er: ,Das ist doch öffentlich’.“ Der Fremde türmte – mit seiner Beute.

Ein derart krudes Verständnis vom Sinn und Zweck öffentlicher Grünanlagen haben aber nicht alle Menschen. „Als ich einer Klasse der Grundschule Kaan-Marienborn das desolate Beet bei einer Stadtführung zeigte, sagte ein Junge, neun Jahre alt: ,Da müssen doch wieder Schilder hin’. Dann zog er sein Portemonnaie heraus und gab mir zwei Euro als Spende“, erzählt Eger-Kahleis. Kurz darauf gab ihr ein weiterer Junge zwei Euro. „Da stand ich natürlich in der Pflicht. Das war für mich so eindrucksvoll, dass ich Bekannten davon erzählte.“

So kam das neue Team gemeinsam mit Carola Jüngst, Brigitte Sonnen und Sonja Mösko zustande. Dass ein Beet Arbeit macht, dass regelmäßiges Pflanzen, Pflegen, Jäten erforderlich ist, liegt in der Natur der Sache. Ein Dachdecker spendete die Schiefertafeln, für die Beschriftung – mit eingeritzten lateinischen Namen – gewann Brigitte Eger-Kahleis ihren Mann. Und Dr. Frieder Kötz unterstützte mit Beratung und Kräuterspenden.

Der neue Aufschlag zeigt Wirkung. „Die Schilder sorgen dafür, dass das Beet nun auffällt. Die Leute gehen nicht mehr einfach vorbei“, sagt Brigitte Sonnen. „Und wenn wir hier arbeiten, bleiben immer Menschen stehen und unterhalten sich mit uns. Das Besondere ist, dass in diesem Kräuterbeet die Gesundheit eingeschlossen wird – es geht nicht nur um das, was ins Essen kommt.“

Die Beet-Patin hofft, dass ein neuer, prominenterer Platz der Sache mittelfristig Aufwind gibt: „Dann gingen wir noch einmal mit ganz neuem Schwung heran.“