Siegen. . Im Prozess rund um den mutmaßlichen Totschlag am Silvesterabend in Weidenau hatten vor dem Siegener Landgericht überwiegend die Gutachter das Wort. Rechtsmediziner Dr. Ralf Zweihoff aus Dortmund bestätigte die Angaben des schon vernommenen Siegener Anästhesisten, das Opfer sei an einem Herzstillstand aufgrund eines Versagens der Lungen verstorben.

Bis in die letzten Verästelungen der Lunge seien bei der Obduktion erhebliche Spuren eingeatmeten Mageninhaltes gefunden worden. Diese Fremdkörper und vor allem auch die Wirkungen der im Magen vorhandenen Salzsäure hätten die Lunge letztlich fatal geschädigt. Die insgesamt 107 Wunden durch Messer- und Glaseinwirkung seien „sämtlich Weichteilverletzungen“ gewesen, hätten zu erhöhtem Blutverlust geführt, aber nicht zum Tode. „Ohne ärztliche Versorgung hätte er daran sicher sterben können“, formulierte der Gutachter weiter.

Dormikum gespritzt

Aber die Notfallbehandlung sei ja relativ schnell erfolgt. Der Verletzte und stark angetrunkene Mann (wahrscheinlich etwa 3,5 Promille) hatte sich während oder kurz nach der Injektion mit dem Beruhigungsmittel Dormikum heftig erbrochen und große Teile des Mageninhaltes eingeatmet. Die Gabe von Dormikum bei einem erheblich betrunkenen Menschen könne die Wirkung des Alkohols verstärken und zudem zu Atemstörungen führen, bestätigte Dr. Zweihoff auf Nachfrage von Verteidiger Andreas Trode. Selbst ohne die blutenden Verletzungen hätte das Opfer aufgrund dieser Umstände durchaus zu Tode kommen können.

Theorie über Krampfanfälle

Der zweite Gutachter, Dr. Michael Mattes, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, nahm zur Wahrscheinlichkeit eines Krampfanfalles Stellung, wie ihn der Angeklagte geschildert hatte. Der bis dahin „beste Kumpel“ habe ganz plötzlich Zuckungen bekommen und sich verkrampft, sei dann aggressiv geworden und auf ihn losgegangen. Beim „klassischen Krampfanfall“ trete zunächst ein Unwohlsein beim Betroffenen ein, dann der eigentliche Anfall, ein Krampf im Gehirn, der zwischen zehn Sekunden und zwei Minuten dauern könne. Dabei sei der Patient handlungsunfähig und werde bewusstlos. Dieser Zustand könne unterschiedlich lang sein. Das Verfahren wird am Mittwoch,13. Juni, vor dem Landgericht Siegen fortgesetzt.