Siegen. . Münster hat ihn aus seinem Stadtbild verbannt. Nichtsdestotrotz gibt es in Deutschlands Städten noch immer rund 400 Hindenburg-Plätze, -Straßen, -Dämme und -Brücken, erläutert Hans-Ulrich Thamer in Matthias Freses Buch „Fragwürdige Ehrungen!? Straßennamen als Instrument von Geschichtspolitik und Erinnerungskultur“.
Münster hat ihn aus seinem Stadtbild verbannt. Nichtsdestotrotz gibt es in Deutschlands Städten noch immer rund 400 Hindenburg-Plätze, -Straßen, -Dämme und -Brücken, erläutert Hans-Ulrich Thamer in Matthias Freses Buch „Fragwürdige Ehrungen!? Straßennamen als Instrument von Geschichtspolitik und Erinnerungskultur“.
Auch in Siegen. Von Reichwalds Ecke schlängelt sich die Hindenburgstraße zunächst über die Hindenburgbrücke, um schließlich unmittelbar vor dem Bahnhof zu enden.
Erlasse und Stellungnahmen
Der Streit um den Feldmarschall und Reichspräsidenten im Siegener Straßenverzeichnis geht zurück bis in die Nachkriegszeit. Die britische Besatzungsmacht verlangte damals, Straße und Brücke umzubenennen. Allerdings, so hält es Marcus Weidner in einem weiteren Beitrag in Freses Buch fest, sprach sich die CDU-dominierte Stadtverordnetenversammlung am 7. Mai 1947 gegen ein solches Vorhaben aus.
Es folgten Erlasse des NRW-Innenministeriums und der Militärverwaltung sowie Stellungnahmen der Regierungspräsidenten, die eines deutlich machten: Der Weltkriegsheld war alles andere als eine Freund der Demokratie – und lieferte sie letztendlich an Adolf Hitler und sein verbrecherisches Regime aus. Im April schließlich, nach weiteren gescheiterten Anläufen, „bricht die Akte ab“, so Marcus Weidner.
Für Hans-Ulrich Thamer, emeritierter Lehrstuhlinhaber und Mitglied der Kommission zur Begutachtung der Straßennamen in Münster, verdeutlicht der Umgang mit der historischen Figur Paul von Hindenburg die Probleme deutscher Erinnerungskultur. „An ihm scheiden sich seit 1945 die Geister“, schreibt er.
Das werde besonders deutlich, wenn es um Benennung und Umbenennung von Straßen und Plätzen gehe. Diese „Wirkungs- und Streitgeschichte“ habe vor allem damit zu tun, „dass lange Zeit unklar war, wer geehrt wurde, der Weltkriegsgeneral oder der Reichspräsident“.
„Politischer Wille zur Veränderung“
Allerdings sieht der Historiker im „bloßen Abnehmen der entsprechenden Straßenschilder“ keinen Ausweg, sich mit Vergangenheit auseinanderzusetzen. Eine Alternative könnte eine zusätzliche Schrifttafel sein, „die auf die historische Rolle Hindenburgs“ hinweist. Jedoch käme „der Beibehaltung des Namens auf dem Straßenschild das größere und sichtbare Gewicht“ zu.
Hans Ulrich Thamer favorisiert den dritten Weg: die Umbenennung der Straße. Und zwar mit gleichzeitigen und zusätzlichen Informationen, die Auskunft geben „über die Motive der einstigen Ehrung und der heutigen Umbenennung“. Das markiere, so der Wissenschaftler, „immerhin den politischen Willen zur Veränderung und zur historischen Aufklärung“.
Münster übrigens hat per Ratsentscheid aus dem Hindenburgplatz den Schlossplatz gemacht. Oberbürgermeister der Universitätsstadt, Markus Lewe (CDU), sagte vor der letztendlichen Entscheidung: „Wir ehren hier ein politisches Vorbild, welches keines ist.“