Siegen. Der Auftritt in Siegen ist bereits der fünfte an diesem Tag. Aber von Müdigkeit ist bei FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner nichts zu bemerken. „Wir wissen ja, du bist belastbar“, nickt ihm Landtagskandidat Guido Müller aus Siegen fröhlich zu. Lindner bedankt sich lächelnd. Und legt los. Wahlkampf ohne Schnickschnack macht der frühere Generalsekretär auf seiner Station.

150 Leute drängeln sich im Vortragsraum des Museums für Gegenwartskunst. Die Fenster müssen geöffnet werden, weil es sonst einfach keine Luft gäbe. „Umfragen kann man kaufen, Ihre Zeit nicht. Vielen Dank dafür“, ruft er den Zuhörern zu, die längst nicht alle der FDP angehören. Seine Botschaft ist klar. Weniger Staat und vor allem auch weniger Ideologie soll es sein.

Eine Partei müsse endlich einmal damit anfangen, vernünftig zu sein und den Leuten zu sagen, dass einfach nicht alles finanzierbar sei. Das sei die Botschaft der FDP in diesem Wahlkampf. Es gebe keinen Schnickschnack, wie in anderen Parteien, unterstreicht Christian Lindner. Deshalb lässt er sich später auch nicht vor dem schönen Piratenschiff auf dem Schlossplatz fotografieren. Kein Schnickschnack eben, „obwohl ich verstehe, dass die Presse das gerne hätte“.

Er will sich gern mit den Piraten auseinandersetzen. Aber eigentlich seien das doch nur „Linke mit Internetanschluss“. Er schimpft auf die Energiepolitik in NRW. Die CDU bekommt allerdings auch ihren „Saft“. Der Schulkompromiss habe durchaus einige positive Aspekte.

Das Konzept enthalte aber die schleichende Austrocknung und Abschaffung des Gymnasiums Rheinländer machen Versprechungen, und die Westfalen müssen dafür zahlen, zitiert Landtagskandidat Gerhard Kötter die Redensart. Und lobt den Gast aus dem Bergischen: „Sie sind ein rheinländischer Westfale.“

Ruck geht durch Partei - Stimmung steigt 
Christian Lindner mit den heimischen FDP-Kandidaten Gerhard Kötter (l.) und Guido Müller (r.). Foto: Michael Kunz
Christian Lindner mit den heimischen FDP-Kandidaten Gerhard Kötter (l.) und Guido Müller (r.). Foto: Michael Kunz © Michael Kunz

„Wir haben einen Lauf“, blickt Christian Lindner zuversichtlich auf den 13. Mai. Er spüre bei den Kundgebungen und beim Straßenwahlkampf, dass ein Ruck durch die Partei gegangen sei. Enttäuschte Mitglieder kehrten zurück, die Stimmung steige und auch das Interesse bei den Menschen werde wieder größer. „Wir waren ja auch nicht mit allen Dingen der Vergangenheit zufrieden, müssen da erst wieder auf einen neuen Weg kommen“, räumt er ein.

Das Schauspielern sei seine Sache nicht. Wichtig sei ihm, die Menschen direkt anzusprechen und mit lebensnahen Beispielen zu erreichen. Die strikte Abgrenzung zu allen anderen Parteien hält er für richtig. „Und ich tue es immer sachlich, will nichts vergiften“, unterstreicht Lindner. Ein Termin jagt den nächsten.

Generalsekretär liegt Lindner nicht

Bereut er es an solchen Tagen, Spitzenkandidat geworden zu sein? „Ich hätte es mein Leben lang bereut, es nicht gemacht zu haben.“ Er sei auch froh, sich mit der gleichzeitigen Übernahme des Landesvorsitzes durchgesetzt zu haben: „Das war ja nicht so geplant. Ansonsten wäre ich doch wieder nur der Generalsekretär gewesen, der anderer Leute Entscheidungen zu verkünden hat.“ Das liege ihm aber nicht. Handeln und Haften müssten eins sein.