Siegen. .

Wer gedacht hatte, am Dienstagmorgen würde geklärt werden können, wer für das bekannte „Siegener Loch“ verantwortlich ist, wurde enttäuscht.

Niels Faßbender, Sprecher des Landgerichts, war sich schon vor Prozessbeginn sicher, „das ist nicht so einfach, wie man sich das vorstellt“. Und Richterin Anne Neumann sah auch eher Rechts- denn Sachfragen im Vordergrund. Schließlich standen rund eine Million Euro Schadenersatzforderungen im Raum.

Haus istunbewohnbar

Sicher ist indes: Am 12. Februar 2004 reißt in der Gläserstraße auf dem Rosterberg die Erde auf. Tagesbruch. Über der stillgelegten Grube Hohe Grete. Häuser drohen abzurutschen, gar im Loch zu versinken. Bewohner werden umquartiert. Das Bergbauamt Recklinghausen investiert 3,5 Millionen Euro und pumpt Unmengen Beton in den löchrigen Berg. Das Haus Nummer 112 ist bis heute unbewohnbar.

Für den Hausbesitzer ist der Fall klar. Das Bergbauamt hat mit seinen Sicherungsarbeiten den Bruch ausgelöst. Unter Gläserstraße Nummer 112 nämlich habe sich die Erde bereits 1965 bewegt. Ein Betonpfropfen, den Fachleute damals einbrachten, habe für Ruhe gesorgt. Bis 2004. Bei Bohrungen habe das Bergbauamt den Klotz – und die Fundamente der Mehrfamilienhäuser – ins Rutschen gebracht.

Das Bergbauamt hingegen ist der Ansicht, richtig gehandelt, gar keine andere Möglichkeit gehabt zu haben: „Der Tagesbruch hatte schon angefangen, als unsere Leute da waren“, sagte der Leitende Bergdirektor Ludger Hermes. „Es war bereits Bewegung im Berg.“ Schon im Januar sei man von der Hausverwaltung über Risse in den Gebäuden informiert worden.

Tatsächlich wäre es über kurz oder lang zu einem Bruch auf dem Rosterberg gekommen, auch ohne das Eingreifen des Amts. „Das ist sehr wahrscheinlich“, erläuterte Bergwerkexperte Jörg Fugmann, Karlsruher Markscheider und gerichtlich bestellter Gutachter.

Das jedoch war letztendlich nicht mehr der entscheidende Punkt. Denn wenn eine Behörde Maßnahmen ergreift, um Gefahren abzuwehren, wie es sinngemäß im Ordnungsbehördengesetz heißt, spielt es keine Rolle mehr, ob sie falsch oder richtig handelt. Der Geschädigte hat Anspruch auf Schadenersatz, soweit er selbst nicht Ursache für die Gefahr ist. Lediglich einen einschränkenden Aspekt gibt es. Die Bestimmung „gilt nicht, wenn die Maßnahme das Vermögen des Geschädigten schützt“, erklärte Niels Faßbender bereits im Vorfeld.

„Sie müssten den Schutzerfolg aber beweisen“, machte Richterin Neumann Anwalt Jürgen Glückert auf der Verteidigerseite klar. Das war das Stichwort für Jürgen Mintgens. Runkels Vertreter brachte einen Vergleich ins Spiel. Die Investitionen des Landes könnten nicht gegen die Schadenersatzforderungen aufgerechnet werden.

Sechs Wochen Zeit zur Prüfung

Die NRW-Vertreter wollten sich noch nicht auf ein klares Ja oder Nein einlassen. Sie sicherten jedoch zu, das Angebot in den kommenden sechs Wochen zu prüfen.

Anne Neumann wurde ein wenig konkreter und legte den Verkündungstermin für den 22. Mai fest. (AZ 1O214/04)