Siegen. .
Wenn eine Dame sieht, dass eine andere Dame einen bestimmten Herren interessant findet, dann will sie diesen Herren auch haben. Was klingt, wie eine Szene aus einer schummerigen Bar, ist tatsächlich ein Phänomen in Aquarien an der Uni Siegen. Die Verhaltensbiologin Prof. Dr. Klaudia Witte und der Informatiker Prof. Dr. Klaus-Dieter Kuhnert wollen in einem interdisziplinären Forschungsprojekt mittels eines virtuellen Fisches herausfinden, welches Element im Sozialverhalten von Kärpflingen dazu führt, dass das Paarungsverhalten kopiert wird.
„Die Partnerwahl ist zwar auch genetisch verankert, wird aber von sozialen Informationen beeinflusst“, sagt Prof. Klaudia Witte. Seit 1995 forscht sie auf diesem Gebiet und hat unteranderem das Kopieren des Paarungsverhalten der Kärpflinge in ihrer natürlichen Umgebung in Texas und Mexiko untersucht. Es würden bei Männchen wie bei Weibchen generell größere, der zur Auswahl stehenden Partner bevorzugt. Man könne einen Fisch aber umstimmen und ihm suggerieren, dass etwa ein kleinerer Partner interessanter wäre. Das haben Tests bewiesen, bei denen die Forscher Aquarien aneinander gestellt haben oder den Fischen mittels Monitor am Aquarium eine Filmsequenz vorgespielt haben. Fische können etwa zwei bis drei Meter weit sehen und interagieren auch Aquarienübergreifend.
„Wir wollen nun untersuchen, welcher Mechanismus dahinter steckt.“ Im Endeffekt hoffen die Forscher herauszufinden, was für den beobachtenden Kärpfling ausschlaggebend ist. Dieses Verhalten würde bei den Fischen, es lässt sich auch auf andere Tierarten übertragen, noch viel weiter reichen. Ein Männchen würde mitunter absichtlich das weniger interessante Weibchen wählen, um beobachtende Konkurrenten auf die falsche Fährte zu locken.
Objekt durch Zeitund Raum verfolgen
Für die Erstellung des 3D-Modells ist Prof. Klaus-Dieter Kuhnert vom Institut für Echtzeit Lernsysteme zuständig. Die Herausforderung: „Unser virtueller Fisch soll so echt wirken, dass die anderen Fische nichts merken.“ Dafür sollen gefilmte Fische digitalisiert und in ein 3D-Modell umgewandelt werden. „Sie müssen möglichst fotorealistisch animiert werden“, so Kuhnert. Dieser Aspekt ist für ihn besonders interessant. Denn die Probleme, die die Siegener Informatiker dabei bewältigen müssen, gelten auch für Tracking-Systeme in der Filmindustrie mit denen Schauspieler nachdigitalisiert und animiert werden. „Im Grunde verfolgen wir ein Objekt durch Zeit und Raum und scannen es ab“, fasst Prof. Kuhnert zusammen. Es werde auch interessant, zu sehen, wie dieses virtuelle System mit dem realen interagiert. Das überzeugte auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Sie fördert das Projekt. In drei Jahren soll der kleine virtuelle Schwimmer einsatzfähig sein, ein Jahr lang soll er dann jeweils in etwa 30-minütigen Sequenzen mit realen Kärpflingen Kontakt aufnehmen.