Siegen. .
Henning Schleifenbaum hat in den vergangenen 20 Jahren viele hoffnungsvolle Anrufer abweisen müssen. Meist sind es junge Menschen, die sich melden, ein paar Tage in Siegen verbringen wollen und den 77-Jährigen nach einem freien Zimmer fragen.
Gefunden haben sie ihn und seine Kontaktdaten mit dem Internet-Dienst Google Maps und der schlichten Suchanfrage „Jugendherberge Siegen“. Schleifenbaum, der ganz in der Nähe der Universität in Weidenau wohnt, ist dort unter der Kategorie „Hostels“ eingetragen.
Nur: Schleifenbaum ist kein Herbergsvater. Als Ingenieur und promovierter Betriebswirt hat er bis zur Rente als Geschäftsführer für einen Hilchenbacher Schmiedebetrieb gearbeitet. Eine Jugendherberge jedenfalls hatte er nie. Und er hat auch nicht vor, noch eine zu eröffnen, sagt er lachend. Auch wenn es in Siegen keine gibt und günstige Übernachtungen ein ziemlich konkurrenzloses Geschäft in der Stadt wären.
„Ich wäre froh, wenn es gelöscht würde.“
„Ich konnte immer nur sagen: Das ist ein Irrtum“, erzählt Schleifenbaum über die Anrufe, die er von unbekannten Reisenden erhalten hat. „Dann entschuldigen sie sich und legen auf.“ Er weiß keine Antwort, wenn er gefragt wird, wie Google ihn als touristischen Gastgeber ausweisen kann. Aber er sagt: „Ich wäre froh, wenn es gelöscht würde.“
Vermutlich hat Google Schleifenbaums Daten aus den verschiedenen Online-Telefonbüchern ausgelesen und ihn dort als Herbergsvater ausgemacht. Bis Anfang der 1990er Jahre hatte er im Untergeschoss seines großzügigen Hauses fünf Zimmer an Studenten vergeben und stand deshalb als Vermieter im Telefonbuch. Diesen Eintrag hat der Rentner aber vor etwa 15 Jahren entfernen lassen.
Schleifenbaum ist im Übrigen nicht der einzige, der fälschlicherweise von Google unter der Kategorie „Hostels“ gelistet wurde. Wer im Kartendienst nach einer Jugendherberge in Siegen sucht, findet neun Ergebnisse, wenn er in die Stadt zoomt: Studentenwohnheime, Wohngemeinschaften oder soziale Einrichtungen wie das Bodelschwingh-Haus. Auch dort gingen schon Anrufe wegen freier Zimmer ein.
Das Internet-Unternehmen selbst wollte zunächst keine genaueren Auskünfte über die merkwürdigen Suchergebnisse geben.
Dafür war Bettina Gayk, Pressesprecherin des NRW-Datenschutzbeauftragten, von der Liste gar nicht angetan: „Aus meiner Sicht müsste Google Henning Schleifenbaum aus den Ergebnissen löschen. Er ist doch nur eine Privatperson. Das kann eigentlich nicht sein, dass er da mit vollem Namen, Telefonnummer und Adresse auftaucht.“ Sie selbst ist gespannt, wie der Konzern reagiert. Als Datenschützerin ist Google Gayks natürlicher Widersacher, weil Nutzerdaten in großem Maße gespeichert, personalisiert und IP-Adressen lokalisiert werden: „Aus Sicht der Datenschützer ist das ein Horror.“