Freudenberg. .
Vor einer Rückkehr zu nationalen Währungen hat der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Willi Brase am Dienstagabend auf einer Veranstaltung in Freudenberg gewarnt. Brase verwies auf die hohe Exportquote der Industrieunternehmen in Siegen-Wittgenstein und Olpe: „Mit Wiedereinführung der D-Mark würden wir die Region kaputtmachen“, warnte Brase die rund 50 Zuhörer im Freudenberger Ratssaal: Dann gäbe es hier zu Lande auch nicht mehr so eine niedrige Arbeitslosenquote. Schon bei Ausbruch der Finanzkrise vor knapp drei Jahren sei der Anteil der Kurzarbeiter nirgends im Land so hoch gewesen wie in der südlichen Spitze von Südwestfalen.
Willi Brase hatte allen Grund zu warnen, schlug doch ihm und seiner Fraktionskollegin Nicolette Kressl die ungefilterte Meinung der Parteibasis entgegen. Und die tendierte eindeutig dahin, sich aus dem Euro-Verbund zu lösen und Wackelstaaten wie Griechenland sich selbst zu überlassen.
Euroverbund nicht
in Frage stellen
Die Veranstaltung zur aktuellen Krise in der Eurozone war auf ausdrücklichen Wunsch des SPD-Stadtverbandes Freudenberg organisiert worden. Die örtlichen Politiker hatten die Bitte an Brase herangetragen, einen namhaften Finanzexperten zu vermitteln, der drängende Fragen zur aktuellen Situation beantworten kann. Nicolette Kressl aus Baden-Baden erfüllte dieses Kriterium allemal.
Sie war Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, als Peer Steinbrück noch an der Seite von Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Staatsfinanzen wachte. In der Opposition fungiert sie als finanzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Aus dieser Sicht appellierte sie denn auch an die Siegerländer Parteifreunde und interessierten Besucher, ihre Vorbehalte gegen den Euroverbund aufzugeben. Denn ein Auseinanderbrechen des Euroraumes würde volkswirtschaftliche Kosten bedeuten, „die höher sind, als das, was wir jetzt einbringen“.
Einladung der Bundestagsfraktion
Eingeladen hatte zur der Diskussionsveranstaltung nach Freudenberg die SPD-Bundestagsfraktion. Das Thema lautete „Perspektiven der deutschen Finanzpolitik in Europa“ und beinhaltete sozialdemokratische Antworten zur Rettung der Eurozone.
Damit knüpfte auf lokaler Ebene die SPD an die Pressekonferenz an, die der Bundestagsfraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier, der Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel und Ex-Finanzminister Peer Steinbrück in Berlin gaben. Dabei wurde Kritik an der Art und Weise laut, wie die Bundesregierung auf die Eurokrise reagiert. Gleichzeitig bot die SPD aber unter bestimmten Bedingungen ihre Zusammenarbeit an.
Und daran hatten sich die Diskussionsteilnehmer gestoßen: an den vielen Milliarden, die jetzt in vermeintlich marode Staaten gepumpt werden und die gemeinsame Währung gefährden. Der Freudenberger Karl-Ernst Steinseifer sah die Ursachen dafür in der Aufnahme der wirtschaftlich viel schwächeren Länder in den Geltungsbereich der gemeinsamen Währung: „Schwache Länder wurden überbewertet, starke Länder wie unseres unterbewertet.“ Dem musste Kressl indirekt zustimmen: Es sei nach Einführung des Euro nicht darauf geachtet worden, dass die wirtschaftliche Entwicklung der Teilnehmerländer sich parallel entwickelt. In Griechenland seien noch innenpolitische Probleme dazugekommen wie die hohe Verschuldung und die Unfähigkeit, bei den Wohlhabenden mehr Steuern zu kassieren.
Deshalb habe die SPD auch einige Bedingungen gestellt, von denen sie ihre Mitwirkung bei Lösung des Problems abhängig mache: Noch mehr Regulierung der Finanzmärkte, ein Gegengewicht zu den allmächtigen Ratingagenturen, Einführung einer Finanztransaktionssteuer als „Umsatzsteuer auf Spekulationsgewinne“ und auch mehr Transparenz in den jeweiligen Parlamenten, die bislang nur unzureichend in die Entscheidungen einbezogen seien.
Natürlich klang aus dem Publikum auch ganz konkret die Sorge nach dem Wert des Euro durch: „Wie sieht das aus mit meinem Geld?“, wollte der Stadtverordnete Ulrich Haas aus Alchen wissen. Bernd Meichelböck aus Kreuztal fand, Deutschland sei selbst pleite und solle nicht oberlehrerhaft auf andere Staaten schauen und schon gar nicht für „noch pleitere Länder garantieren“.
Deutschland das
zuverlässigste Land
Nicolette Kressl indes relativierte: Natürlich seien gerade die Kommunen in großen Schwierigkeiten. Aber von allen europäischen Staaten sei Deutschland das zuverlässigste. Gleichwohl sehe sie überhaupt keinen Spielraum für Steuersenkungen, wie von der Bundesregierung für 2013 angekündigt. Mit Blick auf die bedrohten Euroländer plädierte sie dafür, statt dessen die hohe Staatsverschuldung abzubauen.