Dahlbruch. Mit der Eröffnung des Jugendcafés zieht Leben in den Kulturellen Marktplatz Dahlbruch ein. Neue Wege im kmd zwischen Alltagskultur, Sport und Kino.
Viele gehen noch Umwege in die niegelnagelneue Mehrzweckhalle, wo gerade Kinder turnen und gleich zum ersten Mal Tischtennis gespielt wird. Dabei kommt man mittendurch durchs neue Jugendcafé No Limits auch zum Ziel. Oder, eine Treppe herauf, ins Hallenbad, wo der - natürlich auch neue – Kassenautomat am Übergang zwischen Neu- und Altbau der 1960er Jahre steht, als hier alles anfing. Hier hängt jetzt alles zusammen. Im No Limits wird die erste richtige Eröffnung im Kulturellen Marktplatz Dahlbruch gefeiert, der fortan nur noch kmd heißen soll.
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Wie das No Limits in den kmd passt
Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis spricht von einem „Pre-Opening“: Die richtig große Party ist erst am nächsten Tag. Heute ist die Stunde für Worte. Kaioglidis spricht von Freunden, die man hier treffen wird, und von Bekannten, die Freunde werden können, von Gemeinsamkeiten, die zu entdecken, und Kompromissen, die immer wiederzufinden sein werden. „Wir haben immer an dieses Projekt geglaubt“, sagt er, trotz aller politischer Debatten – zweimal stand es in den letzten zehn Jahren sogar kurz vor dem Aus. Das No Limits werde als „geschützter Raum ein wichtiger Teil der Lebensgeschichte von Jugendlichen“, sagt der Bürgermeister, und der sei „in diesen Zeiten wichtiger denn je.“
Die jungen Menschen, die ab morgen das Haus für sich haben werden, hören zu. In dem großen Raum mit Bühne, Theke und Kicker haben sie sich schon ein paar Ecken eingerichtet, wo sich kleine Gruppen zum Reden, Chillen, Spielen zurückziehen können. Das geht ganz einfach mit dem selbst gebauten Universalmöbel. Der Stuhl kann im Handumdrehen Teil eines Tischs, eines Regals oder eines Raumteilers werden. In den beiden kleineren Räumen nebenan hat sich die Pen-and-Paper-Gruppe eingerichtet, hinter der Glasscheibe ist ein Audio- und Videoproduktionsstudio. Für Heike Kühn, die das städtische Kinder-, Jugend- und Familienbüro leitet, könnte die Freude heute noch größer sein. Wenn die Fördergelder für Medienprojekt, Mädchentreff und Push-Festival nicht abgelehnt worden wären. „In diesem Jahr ist das bitter.“ Wo doch jetzt so viel möglich wäre.
Reinhard Angelis ist der Architekt des kmd. Zehn Jahre ist es nun her, dass er mit seinem Kölner Büro den Architektenwettbewerb gewonnen hat. „Dieser Ort ist aus dem Gespräch heraus entstanden“, sagt er, „und er wird ein Ort des Gesprächs sein.“ Und der Begegnung. Und des gegenseitigen Respekts. In den letzten Jahren hat Angelis viel reden müssen, um das zu erklären, was den kmd ausmachen wird. Heute ganz plastisch: „Dass irgendein Computernerd feststellt, dass Handball auch interessant sein könnte.“ Reinhard Angelis hat viel diskutiert, nicht nur mit Politik und Verwaltung, sondern auch mit den Jugendlichen, die vehement ihre eigenen Vorstellungen eingebracht haben. „Ich mache gern Sachen, die herausfordernd sind“, sagt er, „es hat total Spaß gemacht.“ Seine Berufskollegin Kathrin Baldursson-Schütz, die das Projekt in der Hilchenbacher Verwaltung leitet, bestätigt: „Es ist ein Bürgerprojekt.“
Wie alt No Limits wirklich ist
Kathrin Klein-Zimmer hat während ihres Studiums in Siegen vor über 20 Jahren ein Praktikum im alten No Limits abgeleistet, heute ist sie Professorin an der Hochschule Koblenz, wo sie unter anderem auch offene Kinder- und Jugendarbeit lehrt und erforscht. „Ihr habt hier eine ganz tolle Infrastruktur geschaffen“, gratuliert sie, „die strahlt auch über Hilchenbach hinaus.“ Im Praktikum, so erinnert sie, hat sie die Initiative „Pro Proberaum“ begleitet. Daraus ist der Jugendkulturförderverein Push geworden, der nicht nur das jährliche Musikfestival veranstaltet, sondern auch viele Projekte – bis hin zum Dirt-Bike-Park -stemmt, für die die Stadt keine Mittel hat. „Da sieht man, was aus so einem Projekt werden kann“, sagt Kathrin Klein-Zimmer.
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Neben ihr stehen Christian Dreher (damals „Noslip“) und Dr. Tim Bernshausen (immer noch „Final Curtain“, jetzt auch Vorsitzender des Hilchenbacher Jugend- und Sozialausschusses), beide Push-Vorstände. „Dieser Ort hat das Potenzial, Jugendlichen für immer in Erinnerung zu bleiben“, sagt Dreher, der heute beruflich etwas ganz anderes macht: Er ist Geschäftsführer von Invema in Kreuztal, dem Verein für die Inklusion von Menschen mit und ohne Behinderung. Die Probenräume, für die sie vor zwei Jahrzehnten gekämpft haben, gibt es heute auch noch: Im Keller der Florenburgschule, der einmal Teil des Jugendtreffs „Underground“ war, bevor der als „Next Generation“ in den Gerberpark umzog.
Das geht im No Limits
Das NoLimits-Jugendzentrum ist täglich außer samstags geöffnet. Die Einrichtung wird geleitet von Heike Kühn und Fabian Dicke, gemeinsam mit einem Team von Ergänzungskräften und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern.
Der Queere Treff kommt am Montag von 14.30 bis 17 Uhr zusammen. Der Offene Mädchentreff wird dienstags von 15.30 bis 18.30 Uhr angeboten. Mittwoch ist von 17 bis 22 Uhr Projekttag. Der Offene Treff heißt Jugendliche donnerstags von 15 bis 20 Uhr willkommen. Der Offene Treff am Freitag wird um eine Stunde verlängert, er geht nun von 15 bis 20 Uhr. Der Offene Treff am Sonntag findet wie gewohnt von 15 bis 18 Uhr statt. Die Offene Sport- und Spielgruppe trifft sich sonntags von 15 bis 17 Uhr in der Turnhalle und freut sich auf Jugendliche ab zwölf Jahren.
Wer sich im neuen Jugendzentrum engagieren möchte, kann sich über die neue Instagramseite www.instagram.com/nolimits.jugendzentrum oder per E-Mail an juznolimits@gmail.com melden. Auch eine neue Bundesfreiwillige oder ein neuer Bundesfreiwilliger wird ab 1. September gesucht. Voraussetzung ist der Besitz eines Führerscheins der Klasse B.
Noch mehr No-Limits-Geschichte: 1985, als Stefan Jaeger zur Feuerwehr kam, war die Feuerwache hier. Und als die 1998 ins neue Gerätehaus umzog, konnte das No Limits, bis dahin im ehemaligen Dahlbrucher Bahnhof, nachrücken. Jaeger, heute Stadtjugendfeuerwehrwart und im Rat Vorsitzender der UWG-Fraktion, weiß auch, wie das alte No Limits zu seiner spannenden Raumaufteilung in zwei Ebenen kam: Die Feuerwehrleute hatten selbst die eine Hälfte ihrer Fahrzeughalle ausgeschachtet, damit die neue Drehleiter hineinpasste. 2020 kam der Abbruchbagger, der Jugendtreff verwandelte sich für die Bauzeit des kmd in einen weiteren „Underground“ im Keller der evangelischen Kirche.
Sophie Scheffler ist nicht im No Limits groß geworden, ihr Jugendtreff war die Kreuztaler Busch-Hütte. Die Abiturientin vom Gymnasium Stift Keppel ist Poetry-Slammerin. „Du kannst nicht ewig Kind bleiben“, schreibt sie ihrer Sophie und könnte damit genauso alle jungen Leute im neuen No Limits meinen, „und eigentlich willst du das auch nicht. So schmerzhaft es auch ist, jeder muss erwachsen werden.“
So geht es weiter
Durch die Tür geht’s ins Haus der Alltagskultur: der große Saal mit Küche, die beiden anderen vorbereitet für Jugendkunstschule und Yogakurse, offen für alle, die dort zusammen irgendetwas machen wollen. Jede Menge Anfragen von Chören und Vereinen gibt es schon, berichtet der Bürgermeister. Auch im künftigen Büro für den Gebrüder-Busch-Kreis stehen schon ein Tisch und einige Kisten. Aber hier ist noch Baustelle. Nur die schon im kmd-Design angebrachten Schilder geben schon Orientierung: Geradeaus weiter zur Theater-Gastronomie, durch die Tür in einen großen, unterteilbaren Veranstaltungssaal, die Treppe hoch in Turnhalle und Hallenbad – und von dort auf derselben Ebene weiter ins Kino – eine richtige neue Welt. „Das wird gut werden“, sagt Reinhard Angelis. Im Herbst wird die nächste Eröffnung gefeiert. Über Geld hat bei dieser Party übrigens niemand gesprochen: Offiziell kostet der kmd aktuell knapp 17 Millionen Euro.
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