Siegen. Johannes Merle, Berufsfeuerwehrmann in Siegen und Vollblut-Retter, arbeitet auch im Rettungshubschrauber. Ein besserer Job? Für ihn unvorstellbar

Was kann man alles in 90 Sekunden erledigen? Eventuell schafft man es, drei Tassen abzuspülen oder die Mülltonne rauszustellen. Dieselbe Zeit haben Einsatzkräfte in Nordrhein-Westfalen, um nach der Alarmierung ihre komplette Schutzausrüstung anzuziehen und abfahrbereit im Fahrzeug zu sitzen – am Tag sowie mitten in der Nacht. Für den Siegener Berufsfeuerwehrmann Johannes Merle gehört es seit 2005 dazu, auf Notfälle vorbereitet sein zu müssen und schnell und überlegt zu handeln. Ausgebildet wurde er beim Deutschen Roten Kreuz zum Rettungsassistenten, inzwischen wird der Blaulicht-Allrounder in abwechselnden Schichten als Feuerwehrmann und Notfallsanitäter eingesetzt und fliegt als eine von wenigen Einsatzkräften im Siegerland im Rettungshubschrauber mit.

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Ich habe niemals daran gezweifelt, mich für diesen Job entschieden zu haben. Morgens nach Hause zu gehen und Menschen geholfen zu haben, erfüllt mich.
Johannes Merle - Berufsfeuerwehrmann

Siegener Feuerwehrmann: Nie an Jobentscheidung gezweifelt

„Ich habe niemals daran gezweifelt, mich für diesen Job entschieden zu haben. Morgens nach Hause zu gehen und Menschen geholfen zu haben, erfüllt mich“, sagt Johannes Merle. Dass er eines Tages auch als Feuerwehrmann arbeiten würde, war während seiner Ausbildung zum Rettungssanitäter noch nicht in Stein gemeißelt. Nach dem Abitur wollte sich der heute 39-Jährige für ein Medizinstudium einschreiben. Um die Wartesemester sinnvoll zu nutzen, entschied er sich, eine Ausbildung zum Rettungsassistenten zu machen. Die Zusage für den Studienplatz kam dann zwar, er entschied sich aber dagegen: „Ich habe Blut geleckt und mich weiterhin für den Rettungsdienst entschieden. Ich bin nicht hängen-, sondern dabeigeblieben“, erinnert sich der Siegener.

Binnen 90 Sekunden nach der Alarmierung müssen die Einsatzkräfte abfahrbereit sein. Eine mehr als sieben Meter hohe Rutschstange ermöglicht es, zwei Stockwerke zu überwinden, wenn es schnell gehen muss. 
Binnen 90 Sekunden nach der Alarmierung müssen die Einsatzkräfte abfahrbereit sein. Eine mehr als sieben Meter hohe Rutschstange ermöglicht es, zwei Stockwerke zu überwinden, wenn es schnell gehen muss.  © WP | Jan Weber

Nach der Systemumstellung im Rettungsdienst hat sich Johannes Merle zum Notfallassistenten weitergebildet und vor sechs Jahren als solcher im Rettungsdienst in Siegen angefangen. Bei Einsätzen wie Verkehrsunfällen oder der Versorgung von Verletzten, bei der die Helfer der Feuerwehr und des Rettungsdienstes oft intensiv kooperieren, hat es viele Berührungspunkte mit den Brandbekämpfern gegeben. „Es war schon lange zuvor ein insgeheimer Wunsch von mir, zur Feuerwehr zu gehen. Die Arbeit meiner Kollegen fand ich spannend und ich wollte meinen Horizont erweitern“, sagt der 39-Jährige. Schließlich begann er 2019 die 18-monatige Ausbildung zum Brandmeister.

Siegen: Nicht nur als Feuerwehrmann eingesetzt

Wer im Siegerland als Berufsfeuerwehrmann arbeitet, der muss auch im Rettungsdienst eingesetzt werden können und dementsprechend qualifiziert sein – das ist eine Voraussetzung. Johannes Merle arbeitet im 24-Stunden-Dienst und wechselt schichtweise zwischen Feuerwehr, Rettungsdienst und Einsätzen mit dem Rettungshubschrauber. „Die Mischung macht es einfach aus. Ein Arbeitstag ist nie vorhersehbar, man wird von den Ereignissen immer eines Besseren belehrt“, sagt er. Früh am Morgen beginnt der Arbeitstag in der Zentrale in Weidenau. Wenn das Team nicht ausrücken muss, tauschen die Kollegen Erfahrungen aus, bilden sich weiter und besprechen Einsätze. Es sei besonders wichtig, über belastende Situationen, bei denen etwa jemand verstorben ist oder schwer verletzt wurde, zu reden. Niemand, vor allem nicht junge Einsatzkräfte, soll alles Erlebte mit nach Hause schleppen und alleine mit sich ausmachen müssen.

Einsatzschuhe und -hosen stehen so bereit, dass sie schnellstmöglich angezogen werden können.
Einsatzschuhe und -hosen stehen so bereit, dass sie schnellstmöglich angezogen werden können. © WP | Jan Weber

Man denkt im Nachhinein über vieles nach; ob man richtig gehandelt hat, zum Beispiel. Sich selbst zu reflektieren, ist sehr wichtig und essenziell für diesen Beruf.
Johannes Merle - Arbeitet als Feuerwehrmann und im Rettungsdienst

In dem Arbeitsalltag des Siegeners wird es oft stressig, besonders wenn es um Leben und Tod geht: „Wenn man genau weiß, was man zu tun hat, dann handelt man routiniert und der Puls fährt runter.“ Um sich auf so viele Szenarien wie möglich vorzubereiten, nutzt Johannes Merle die einsatzfreie Zeit im Dienst, um sich theoretisches Wissen anzueignen. Der Perspektivwechsel zwischen seinen Aufgaben im Rettungsdienst und bei der Feuerwehr bringt ihm viel Verständnis für die Zusammenarbeit der beiden Berufsgruppen. „Man denkt im Nachhinein über vieles nach; ob man richtig gehandelt hat, zum Beispiel. Sich selbst zu reflektieren, ist sehr wichtig und essenziell für diesen Beruf“, sagt der 39-Jährige.

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Man ist alle drei Tage und dann für 24 Stunden zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen in einer Schicht. Für den Siegerländer ist die Wache daher ein besonderer Ort - und das nicht nur, weil er seinen Beruf liebend gerne macht: „Wir verbringen viel Zeit miteinander und reden natürlich auch über nicht dienstliche Dinge. Ich habe eine Familie bei mir zu Hause und eine Familie hier.“

Unternehmenspass: Berufsfeuerwehr Siegen

  • Standort: 1 (Weidenauer Straße 270, dazu kommen über 680 Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr - aufgeteilt in 20 Einheiten im Stadtgebiet Siegen)
  • Mitarbeiter: 123 (Feuerwehrbeamte, Notfallsanitäter und Verwaltungspersonal)
  • Geschäftsbereich: Verwaltungsbereich Feuerschutz und Rettungsdienst (FSRD)
  • Tarif: Öffentlicher Dienst
  • Arbeitszeit: 24-Stundenschichten, die Wochenarbeitszeit beträgt 48 Stunden
  • Kooperationen: Enge Zusammenarbeit mit anderen Behörden wie Polizei, Technischem Hilfswerk, BBK sowie anderen feuerwehren und Rettungsdiensten und der DLRG
  • Benefits: Umfassende Kranken- und Unfallversicherung, Betriebliche Altersvorsorge, Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Mitarbeiterrabatt für lokale Dienstleistungen und Einrichtungen, Jobbike
  • Fort- und Weiterbildungen: Regelmäßige Weiterbildungen, Schulungen, Seminare und Trainings. Diese umfassen technischen Fertigkeiten, Einsatzstrategien, medizinische Versorgung und psychologische Betreuung.