Siegen. Ärger beim Glasfaser-Ausbau in Siegen: Manche Unternehmen interessiert es nicht so richtig, dass da noch andere Leitungen im Untergrund sind...
Der Untergrund unter Siegen ist stellenweise nur so vollgestopft mit Leitungen. Für Frisch- und Abwasser, Strom und Gas, Telekommunikation und vielfach bereits auch Glasfaser. Vielfach aber eben auch nicht: Der Glasfaser-Ausbau ist in vollem Gange, erwartet werden in näherer Zukunft weitere, zahlreiche Baustellen. Das führte in der Vergangenheit bereits zu Problemen, die sich damit noch erheblich verschärfen dürften. Denn es kommt durchaus vor, gar nicht so selten, dass Glasfaser-Unternehmen mehr oder weniger so bauen, wie es ihnen passt.
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Der Entsorgungsbetrieb der Stadt Siegen (ESi) ist im Stadtgebiet für 630 Kilometer Kanalnetz zuständig, „dafür haben wir Jahrzehnte gebraucht“, erinnert Stephan Roth, technischer Betriebsleiter, im Betriebsausschuss. Wenn man sich das vor Augen führe, könne man vielleicht erahnen, „welche Aufgaben da in kurzer Zeit noch vor uns liegen“. Denn in einer idealen Straße mit zwei Fahrbahnen und zwei Gehwegen hat alles seinen Platz. Abwasserkanal unter der Fahrbahn, Gas und Wasser unterm Bürgersteig, links Strom-, rechts Datenkabel. Theoretisch. Dazu kommt seit einigen Jahren Glasfaser. Und die ideale Straße ist in Siegen nicht der Regelfall. Da führen dann zusätzlich auch mal Gewässer durch ein Rohr, es gibt nur einen Bürgersteig oder gar keinen und insbesondere die Ab- und Mischwasserkanäle müssen für ESi jederzeit erreichbar sein. Das alles quetscht sich unter dem Verkehrsraum, wenn gebaut oder repariert werden muss, ist die Straße gesperrt.
Glasfaserkabel sehr empfindlich – und oft im Weg: Unternehmen verlegen in Siegen einfach mal
Problem für ESi: Die Glasfaser-Firmen legen ihre Kabel durchaus auch mal direkt über den Kanal. Die Rohre befinden sich in der Regel in 2 Metern Tiefe, darüber ist jede Menge Platz. „Die kommen da gut dran“, sagt Roth über die Telekommunikationsanbieter. „Aber wenn wir an den Kanal müssen, liegt da ein empfindliches Glasfaserkabel im Weg.“ Wie ESi selbst schmerzhaft lernen musste, könne man die nicht einfach beiseite schieben und nachher wieder zurück, wenn die Straße geöffnet wird. „Wir wussten anfangs gar nicht, dass die Kabel nicht angefasst werden dürfen, weil sie reißen können!“ Prompt fällt dann in zig Haushalten das Internet aus. Erst recht, wenn ein Bagger ins Kabel haut. „Da ist einfach nicht viel Platz! Wir haben erhebliche Probleme mit der Infrastruktur im Straßenraum.“
Es bestehe daher ganz erheblicher Abstimmungsbedarf, bevor irgendwo Glasfaserkabel neu verlegt werden. „Wir können und wollen den Ausbau auch gar nicht verhindern“, betont der Betriebsleiter, „das ist wünschenswert! Aber es wird zu Konflikten kommen.“ Geht ein Ausbau-Antrag ein, müssen alle Beteiligten beteiligt und angehört werden. Viele Glasfaser-Anbieter würden es sich dabei recht einfach machen: Detaillierte Kataster hätten sie nicht, also würden sie schlicht ein Luftbild nehmen und ihre Trasse einzeichnen. Ohne all das, was da noch so verläuft. ESi gebe dann eine Stellungnahme ab, zeige Berührungs-, Querungs- und Konfliktpunkte der verschiedenen Leitungen auf – und bekomme meist keine weitere Rückmeldung, sagt Roth. Dann werde zum Ortstermin geladen, bei dem viele Leute für ihre Leitung kämpfen und „es wurde dann auch schon ohne weitere Planung gebaut“. Wobei es langsam besser werde.
Hoher Aufwand für ESi Siegen: Kanalbaumaßnahmen werden aufwändiger und teurer
Für ESi bedeutet das: Sehr hohen Personalaufwand, um die Anträge zu bearbeiten. Hoher Dokumentationsaufwand, für jeden Konfliktpunkt. Hoher Kontrollaufwand, „denn das ist kein Selbstläufer. Wir müssen gucken, ob das wie besprochen umgesetzt wird“. Es sei „extrem schwer“, allen gerecht zu werden.
Kanalbaumaßnahmen werden also aufwändiger und damit teurer. Die Kosten „übernehmen bislang nicht die Telekommunikationsanbieter“, sagt Stephan Roth, Joachim Boller von den Grünen erinnert daran, dass die ESi-Mitarbeiter von den Gebührenzahlern finanziert werden, nicht von den Glasfaserfirmen. Er sei „von den Socken“, kommentiert Michael M. Schwarzer (LKB-Fraktion), „dass die Sie ins Messer laufen lassen – „Glasfaser wird doch seit Jahren verlegt; das muss doch kommuniziert werden?“ Was soll Stephan Roth dazu sagen.
In Siegen wird eine wahre Flut von Anträgen zum Glasfaser-Ausbau erwartet - viele Baustellen
Ohnehin dürfte die Zahl der Baustellen steigen. In Siegen koordiniert die Stadt als Baulastträger für die Straßen alle Baustellen, damit eine Straße nur einmal geöffnet werden muss, damit dann alle an ihren Leitungen arbeiten können. Allerdings wird eine wahre Flut von Anträgen verschiedener Firmen für den Glasfaser-Ausbau erwartet, die „nicht mal eben so einfach in die Erde zu bringen sind, wie wir das lange gedacht haben“, so Stephan Roths Fazit. Hier werde eine „geballte Masse in kürzester Zeit auf uns eindringen“ und müsse bearbeitet werden; hinsichtlich des Personals müsse man sich etwas überlegen. „Da ist enormer Druck im Kessel.“
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Auf der Trupbacher Straße beispielsweise habe man aktuell den Glasfaser-Ausbau vorübergehend gestoppt - es gab derart viele Probleme, dass hier noch einmal ganz neu gedacht werden müsse.