Kaan-Marienborn. Rene Rudolph hat in seinem Betrieb vor Kurzem die Viertagewoche eingeführt. Zuerst waren die Mitarbeitenden nicht zufrieden.
Werbetechniker Rene Rudolph weiß, wie schwierig es ist, guten Nachwuchs fürs Team zu finden. Deshalb wagt der 36-Jährige seit Anfang Februar 2024 ein Experiment: In seinem Werbetechnikunternehmen „Rudolph GmbH“ in Kaan-Marienborn haben freitags fast alle Mitarbeitenden frei. Das gilt jedoch nicht für ihn.
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Viele Betriebe trauen sich nicht, etwas zu ändern, sagt Rene Rudolph. In einem Pilotprojekt testen seit Anfang des Jahres 45 Unternehmen in Deutschland für ein halbes Jahr die 4-Tage-Woche. Rene Rudolph möchte nicht testen, sondern machen.
Siegen: 4-Tage-Woche lockt neue Mitarbeitende an
Zuerst sei seine Idee in der Firma nicht auf Begeisterung gestoßen. „Meine Mitarbeitenden waren frustriert, weil sie unsicher waren, wie sie Familie und Arbeit unter einen Hut bekommen sollen“, sagt Rene Rudolph. „Vor allem die längeren täglichen Arbeitszeiten stießen auf Ablehnung.“ Jetzt, nur drei Wochen später, seien seine zehn Mitarbeitenden zufrieden. Monteur Mike Müller gefällts.
Monteur Mike Müller (46) hat als Rettungssanitäter gearbeitet, bevor er wieder in seinen alten Beruf wechselte. „Bei der Rudolph GmbH zu arbeiten, ist wie Urlaub für mich.“ Mike Müller ist der erste Mitarbeitende, der sich auf die neue Stellenausschreibung beworben hat. „Die 4-Tage-Woche hat auf jeden Fall meine Entscheidung beeinflusst“, erklärt Müller. „So kann ich noch mehr in der Natur sein.“
Siegen: 4-Tage-Woche, so bleiben die Mitarbeitenden im Unternehmen
Geschäftsführer Rene Rudolph betont, die 4-Tage-Woche solle nicht unbedingt neue Mitarbeitende anlocken, sondern vor allem die Mitarbeitenden binden und zufriedener machen. „Ein guter Teamspirit ist mir sehr wichtig.“ Das war wohl nicht immer so. Vor knapp sieben Jahren habe er sich auf die Fahne geschrieben, an der Mitarbeiterführung etwas zu ändern. Der 36-Jährige ist seit etwa 20 Jahren im Betrieb, seit zwölf Jahren ist er Geschäftsführer. Das Unternehmen setzt besonders auf Optik und weniger auf Masse, erzählt er. „Unsere Produkte sind wie Autos, wenn daran ein Kratzer ist, werden sie nicht verkauft.“
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Ab kommenden August beginnen erstmals neue Auszubildende mit einer 4-Tage-Woche. Aktuell habe der Betrieb keine Auszubildenden, denn die Bewerbungen sind im vergangenen Jahr stark zurückgegangen, so Rudolph.
Handwerk: Viele Aufträge, zu wenig Mitarbeiter
Fehlender Nachwuchs und zu wenige Fachkräfte sind die zentralen Probleme im Handwerk. Viele junge Menschen entscheiden sich gegen eine Ausbildung in der Branche, arbeiten lieber in anderen Bereichen oder studieren. Unternehmen versuchen nun, beispielsweise durch die 4-Tage-Woche, Anreize zu schaffen.
Nach Angaben der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd verzeichnete das Handwerk 2023 bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen lediglich einen Rückgang von 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit wurden 621 Ausbildungsverträge in Südwestfalen unterzeichnet. Nicht zuletzt wegen der Baby-Boomer, die in Ruhestand gehen, wird es zukünftig auf dem gesamten Arbeitsmarkt zu Personalmangel kommen.
Siegen: Die ersten Auszubildenden mit einer 4-Tage-Woche starten im August
Jetzt mit dem neuen Zusatz der 4-Tage-Woche hat Rene Rudolph Hoffnung, dass sich mehr bewerben. Einige Bewerbungen seien schon eingegangen, zufrieden sei er jedoch noch nicht.
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Die Arbeitszeit hat Rene Rudolph im Zuge der 4-Tage-Woche von 40 auf 38 verkürzt, damit die täglichen Arbeitszeiten nicht zu lange werden. „Meine Mitarbeiter sind montags bis donnerstags nur eine knappe Stunde länger im Einsatz – und dafür fällt ein Tag weg. Von 6.30 bis 16.45 Uhr, also 9,5 Stunden inklusive 45 Minuten Pause.“ Azubis sowie Mitarbeitende dürfen nach dem Paragraf 3 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) nur zehn Stunden am Tag arbeiten. Minderjährige Auszubildenden dürfen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz nur acht Stunden täglich arbeiten (§ 8 JArbSchG).
Siegen: Arbeitszeiten ändern sich von 40 auf 38 Stunden
Normalerweise gibt es in Dortmund eine Berufsschule, zu der die Auszubildenden einen Tag in der Woche gehen könnten, sagt Rudolph. „Ich war jedoch selber dort und würde den Auszubildenden empfehlen, nach Lahr im Schwarzwald zu fahren. Dort bekommen sie eine bessere Ausbildung.“ In Lahr hätten die Auszubildenden dann Blockunterricht und kämen aus dem Rhythmus der 4-Tage-Woche raus, denn Schule ist von montags bis freitags. Fahrtkosten und Unterkunft übernimmt Rene Rudolph. „Die Auszubildenden können selber entscheiden, ob sie nach Freiburg oder nach Dortmund fahren wollen.“ Zwei Auszubildende sucht der Lichttechniker für dieses Jahr.
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Ob das 4-Tage-Wochenkonzept wirklich wirtschaftlich gesehen Früchte trägt, bezweifelt Rene Rudolph. „Einen kleinen Verlust gehe ich gerne ein, wenn die Mitarbeiter dann glücklicher sind.“ Und wie verbringen die Mitarbeitenden jetzt eigentlich ihren Freitag? „Ganz unterschiedlich: Manche erledigen Einkäufe, Arzttermine oder verbringen Zeit mit dem Partner oder der Partnerin“, sagt Rudolph.