Netphen. Schüler unterrichten Schüler: Gewusel im Netphener Museum, das einen neuen Träger hat. Der Verein „Museum Netpherland“ übernimmt das Haus.

Die 4 c wird schon erwartet. Nach wenigen Minuten sind die Mädchen und Jungen schon am Werk. Lassen Büroklammern im Wasserbecken mit einem Spritzer Spülmittel untergehen. Kratzen Quallen auf ein Bild. Lassen die Wassermühle arbeiten. Und machen schmutziges Wasser sauber. Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule sind ins benachbarte Heimatmuseum gekommen und haben die Versuche aufgebaut. Sie sind an diesem Vormittag in der Rolle von Lehrerinnen und Lehrern für die vierten Klassen der Grundschule Netphen.

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„Man muss versuchen, die Büroklammer auf dem Wasser schwimmen zu lassen“, erklärt Lukas aus der 6 a den jüngeren Gästen. Sie schwimmt ohne weiteres. „Das liegt an der Oberflächenspannung des Wassers“, erklärt er. Eine Spannung, die durch einen Tropfen Spülmittel aufgehoben wird. Es geht ums Wasser, überall im Netphener Museum, passend zum Thema der laufenden Sonderausstellung. „Das passte für uns ganz gut“, sagt Barbara Schmidt, didaktische Leiterin der Sekundarschule. Wasser wurde so auch Thema der Projektwoche, folglich auch beim Kulturabend der Schule in der Dreisbachballe und soeben beim Familiennachmittag im Museum.

Nicole Schmallenbach vom Museumsverein stellt den Viertklässlern ein Video vor.
Nicole Schmallenbach vom Museumsverein stellt den Viertklässlern ein Video vor. © WP | Steffen Schwab

Alles dreht sich ums Wasser

Während das Team des Museumsvereins sich mit Mühlen, Weihern und Brunnen befasste und mit der Geschichte der Obernautalsperre, deren 50-jähriges Bestehen überhaupt der Anlass für die Ausstellung war, ging die Sekundarschule auf Tour: Der Wasserverband ermöglichte eine Führung ins Innere der Talsperre, der Entsorgungsbetrieb der Stadt Siegen öffnete den Jugendlichen das Tor zur Kläranlage in der Rinsenau. Jetzt lassen sie die Viertklässler Wasserfilter aus aufgeschnittenen PET-Flaschen nachbauen: indem sie das schmutzige Wasser durch eine Kaffeefiltertüte träufeln, in der statt Kaffeemehl Steine auf Splitt, Splitt auf Sand und Sand auf Aktivkohle aufgeschichtet sind. Die Sekundarschüler waren vor ein paar Wochen übrigens in der anderen Rolle: Da wurden sie hier von Azubis des Wasserverbandes unterrichtet. Zugleich ein Stück mehr Berufsorientierung.

Eine aufgeschnittene Plastikflasche als Klärwerk im Kleinformat: Unten kommt sauberes Wasser heraus.
Eine aufgeschnittene Plastikflasche als Klärwerk im Kleinformat: Unten kommt sauberes Wasser heraus. © WP | Steffen Schwab

Wir werden das Museum weiter als außerschulischen Lernort nutzen.
Barbara Schmidt, Sekundarschule

„Wir werden das Museum weiter als außerschulischen Lernort nutzen“, sagt Barbara Schmidt. Die Zusammenarbeit ist erprobt: Bei der Ausstellung zum jüdischen Leben waren die Nachbarn vom Kreuzberg dabei, und beim Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine haben die Schülerinnen und Schüler hier ihre Friedensbotschaften präsentiert. In den nächsten Tagen wird dann ein richtiger Kooperationsvertrag unterzeichnet – mit dem neuen Träger des Hauses: „Museum Netpherland“ heißt der gerade gegründete Verein, der sich nun als Partner der Stadt um das Haus kümmert.

Lukas und Amaro zeigen den Viertklässlern, wie eine Büroklammer untergeht.
Lukas und Amaro zeigen den Viertklässlern, wie eine Büroklammer untergeht. © WP | Steffen Schwab

Virtuell durchs Museum

„Wir haben viel vor“, kündigt Lothar Schulte, Vorsitzender des Museumsvereins, an. Demnächst begleiten Anybookreader die Gäste – Stifte, die auf QR-Codes an den Exponaten reagieren und dazu Geschichte(n) erzählen. Möglich wurde die Anschaffung durch einen Heimatscheck des NRW-Heimatministeriums.

Das Museum empfiehlt sich als Ausstellungsort und Veranstaltungsraum für Wohnzimmerkonzerte. Der Sonderausstellungsraum wird Vereinen und Gruppen für regelmäßige Treffen zur Verfügung gestellt und ist auch zum Beispiel für Klassentreffen geeignet.

Bereits im Netz ist die neue Homepage museum-netpherland.de An dem Museums-Blog können alle mitschreiben und -fotografieren, die Geschichte und Geschichten aus den 21 Netphener Ortschaften erzählen möchten. Clou der Website ist die virtuelle 3-D-Führung in alle Räume und Etagen des Museums, das 1974 in Grissenbach eröffnet wurde und 1978 ins alte Netphener Amtshaus umgezogen ist.

Bisher führte der Heimatverein Netpherland Regie in Wickels Hus am Maart und im Museum. „Für einen Verein allein ist das eine Überforderung“, sagt Lothar Schulte, der den neuen Verein gemeinsam mit Harald Gündisch, Nicole Schmallenbach und Bürgermeister Paul Wagener – kraft Amtes „geborenes Vorstandsmitglied“ – führt. „Wir haben das gut klären können, es gibt einen reibungslosen Übergang.“ Der Aufbau einer Bibliothek ist eines der nächsten Vorhaben, „wir haben eine große Sammlung an Literatur.“ Demnächst auch den umfangreichen Nachlass des im vorigen Jahr verstorbenen Heimatforschers Ewald Hatzig. Auch für Filme und Fotos empfiehlt sich das Museum als Archiv: „Wir wollen das der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen“, sagt Nicole Schmallenbach. Lothar Schulte ist sich sicher: „Da schlummern noch ein paar Schätze in Netphen.“

Das Wassermühlen-Modell ist an der Sekundarschule während der Projektwoche entstanden.
Das Wassermühlen-Modell ist an der Sekundarschule während der Projektwoche entstanden. © WP | Steffen Schwab

Escape-Room mit Schatzkiste

Apropos Schätze: In der Schatztruhe, die Alina, Freya und Rinald aus der 9 c bewachen, sind Gummibärchen. Die Truhe öffnet sich für die, die das Schloss mit dem richtigen Zahlencode öffnen. Einer von denen, die in unterschiedlichen Höhen auf eine Glasflasche eingetragen sind. Und zwar der, der bei einer Wasserfüllmenge von 400 Millilitern erreicht wird. Die Herausforderung: Einen Messbecher gibt es nicht. Nur drei andere Flaschen, von denen man weiß, dass in zwei je 300 und in eine 500 Milliliter passen …

Ich würde die einfach mal knobeln lassen.
Lothar Schulte, Museumsverein

Aufgebaut haben die drei ihre Aufgabe auf dem Deckel des 14 Meter tiefen Brunnens im Keller des Museums. „Hier bin ich das erste Mal“, sagt Alina. Die meisten Grundschüler wohl auch, bei denen gerade das Siegerland auf dem Lehrplan steht. „Schön, dass wir im Museum sind“, sagt Lehrerin Rosi Henrichs. Die nächste Gruppe hat Glück: Rinald leistet so umfangreiche Hilfestellung, dass die Schatztruhe sich wie von selbst öffnet. „Ich würde die einfach mal knobeln lassen“, rät Lothar Schulte, „die brauchen eine Herausforderung.“ Angenommen, denken sich Dennis und Maik, schütten hin und schütten her. „Jetzt brauchen wir noch 100 Milliliter.“ Passt. „Und das soll ein Escape-Room sein?“, wundert sich Maik. In Gummibärchen ist übrigens auch Wasser verarbeitet.

Hat mit Oberflächenspannung zu tun: Der letzte Tropfen ist einer zu viel.
Hat mit Oberflächenspannung zu tun: Der letzte Tropfen ist einer zu viel. © WP | Steffen Schwab

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