Siegen. Beim Friedensmarsch gegen Antisemitismus in Siegen tut sich ein Störer hervor. Der Mann erhält von der Polizei einen Platzverweis.
Rund 250 Menschen sind am Samstagnachmittag in Siegen gegen Antisemitismus und für Solidarität mit Israel auf die Straße gegangen. Diese Teilnehmerzahl gab die Polizei bekannt, nachdem der Friedensmarsch vom Parkplatz der Siegerlandhalle in Richtung Innenstadt unterwegs gewesen war. Über die Koblenzer Straße liefen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer begleitet von mehreren Streifenwagen sowie Polizistinnen und Polizisten zum Scheinerplatz.
Zu Beginn hat es auf Höhe der Siegerlandhalle nach Anagben eines Polizeibeamten einen kleinen Tumult gegeben, da ein Mann wohl anderer Meinung war als die Demonstrantinnen und Demonstranten. Nach einem Gespräch mit dem Störenfried wurde diesem ein Platzverweis erteilt. Darüber hinaus lief die rund zweieinhalbstündige Veranstaltung friedlich ab. Vorneweg liefen zwei Personen mit einem blau-weißen Banner mit einem großen Davidstern und der Aufschrift „Gegen Antisemitismus“. Weitere Plakate mit „STOPPT den Antisemitismus auf unseren Straßen“, „Israel hat das Recht auf Selbstverteidigung“ oder „Israel! Wir stehen an Deiner Seite!!!“ wurden gut sichtbar von der Siegerlandhalle zum Kundgebungsort auf dem Scheinerplatz vor dem Apollo-Theater getragen.
Friedensmarsch Siegen: Klares Zeichen gegen Antisemitismus
1/29
Bewegende Redebeiträge bei Siegener Demo
Auf weiteren Plakaten, verbunden zu einer Kette, waren die Gesichter von Geiseln, die in Gaza seit dem 7. Oktober 2023 von Hamas-Terroristen gefangen gehalten werden, abgebildet. „Bring him home now!“ beziehungsweise „Bring her Home now“ (Bringt ihn/sie jetzt nach Hause) stand mit weiß-roten Großbuchstaben daneben. In den Wortbeiträgen wurde immer wieder deutlich, dass das unnötige Töten unschuldiger Menschen, darunter vieler Kinder, endlich ein Ende haben müsse.
Die wohl emotional bewegendsten Worte im Rahmen der Veranstaltung hielt die 15-jährige Schülerin Nelly Kemper. Sie las einen Brief vor, den sie an ihre israelische Freundin Ella geschrieben hatte. Im Juli 2023 war Ella mit einer Jugendgruppe aus Emek Hefer ins Siegerland gekommen. Dort hatten sich die beiden Mädchen angefreundet. Sie hätten zusammen getanzt, gelacht und gefeiert, Siegen, Köln und Frankfurt besucht und im Schlosspark in Siegen israelische Tänze ausprobiert. Traurig seien alle gewesen, als es im August für die deutsche und israelische Jugendgruppe hieß, Abschied zu nehmen. „Über Ostern diesen Jahres wollten wir mit dem Kreisjugendring und unserer deutschen Jugendgruppe zu Dir, nach Israel. Ich habe mich total auf dein Dörfchen in der Nähe der Westbank – Moshav Olseh – und Deine Eltern gefreut, die ich ja über Whatsapp kennengelernt habe. Dann kam der 7.10.2023 – der Terrorangriff der Hamas auf Israel – und Deine und meine Welt war eine andere“, las Nelly Kemper mit zittriger Stimme und Tränen in den Augen vor.
„Ella, ich hatte so eine Angst um Dich. Was wäre gewesen, wenn Du beim Psychotrance-Festival ,Supernova‘ dabei gewesen wärst? Meine Ella gefoltert oder als Geisel der Hamas in einem dunklen Tunnel in Gaza? Ella, das darf alles nicht war sein.“
Wir sehen alle, dass der Judenhass gegenwärtig weltweit in einem ungeheuerlichen Ausmaß explodiert. Ich habe das seit dem Völkermord der Nazis vor achtzig Jahren nicht mehr für möglich gehalten.
Olaf Kemper - Redner beim Friedensmarsch in Siegen
Friedensmarsch Siegen: Kann nicht verstehen, warum Menschen gegen Juden hetzen
Sie könne es nicht verstehen, dass es Menschen gebe, die gegen Juden hetzten und sie am liebsten vernichten möchten, so Nelly Kemper. Auch ihr Vater Olaf Kemper richtete Worte an die Menschen bei der Abschlusskundgebung. „Unter anderem das Schicksal meiner Tochter und deren israelischer Freundin hat mich dazu bewogen, heute – bei dieser Demonstration – ein Plädoyer pro Israel und gegen Antisemitismus zu halten, denn wir sehen alle, dass der Judenhass gegenwärtig weltweit in einem ungeheuerlichen Ausmaß explodiert. Ehrlich, ich habe das seit dem Völkermord der Nazis vor achtzig Jahren zumindest in Europa und speziell bei uns in Deutschland nicht mehr für möglich gehalten“, sagte Olaf Kemper, der als Vorsitzender des Gebrüder-Busch-Kreises sprach.
Er prangerte konkrete Beispiele für Antisemitismus an: „An deutschen Universitäten besetzen Israel-Hasser Hörsäle und attackieren jüdische Studenten wie zuletzt Lahav Shapira, der von einem pro palästinensisch geprägten Kommilitonen schwer verletzt wurde. Die Reaktion der Uni: Dem Täter droht keine Exmatrikulation, es wird relativiert“. Auf Social Media werde „die Hamas-Barbarei gefeiert und bejubelt. Es ist nicht nur eine radikale Minderheit der muslimischen Bevölkerung, sondern es sind ebenso Schulhöfe und Klassenzimmer, Chaträume und Kommentarspalten, die vor Hass und Verachtung für das jüdische Volk nur so triefen.“
Weitere Reden gab es vom Frankfurter Autor und Journalisten Sacha Stawski, Vorsitzender und Chefredakteur der Initiative „Honestly Concerned“. Rosel Six, die als Volontärin drei Wochen in Israel war, gab Einblicke in ihre Erfahrungen vor Ort. Petra Hemming von der Solidaritätspartnerschaft Bergisch Gladbach-Nir Oz. hielt das Schlusswort der Veranstaltung.
Berühmter Koch Uri Buri
Angemeldet worden war die Veranstaltung von Mirjam Kemper und ihrem Mann Jens sowie der „Pro-Israel-Initiative NEVERAGAIN“. In ihren ersten Worten bei der Siegerlandhalle hatte Mirjam Kemper unter anderem am Beispiel des 79 Jahre alten Kochs Uri Buri deutlich gemacht, dass er in seinem Mitarbeiter-Team, dessen Mitglieder aus verschiedenen Ländern kommen und unterschiedlichen Glaubensrichtungen angehören, ein friedliches Zusammenleben und Arbeiten ermögliche. „Ich hoffe einfach, dass wir mit unserer Aktion die Gesellschaft hochziehen können und dass wir mehr Stellung beziehen“, erklärte Jens Kemper.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.